Parnassius mnemosyne (Schwarzer Apollofalter) (Linnaeus, 1758)

Verbreitung in Deutschland: Parnassius mnemosyne war bis Anfang der 2000er-Jahre noch in fünf Bundesländern nachgewiesen, nämlich für Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg (Drews 2003). Im Harz (Grenzgebiet Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) ist die Art jedoch mittlerweile ebenso erloschen wie am Vogelsberg (Hessen). Damit verbleiben aktuell Vorkommen in der Rhön (Grenzgebiet Bayern, Hessen, Thüringen), in den bayerischen Alpen sowie auf der Schwäbischen Alb (Online). Der Schwarze Apollofalter war auch in historischer Zeit außerhalb dieser Schwerpunkträume nicht sehr viel weiter verbreitet, hat aber sicherlich innerhalb dieser Räume zahlreiche Vorkommen eingebüßt (Reinhardt et al. 2020). Außerhalb Bayerns (stark gefährdet) ist die Art in allen anderen Bundesländern vom Aussterben bedroht ist (Settele et al. 2005). Bundesweit gilt der Schwarze Apollofalter aktuell als stark gefährdet (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Ähnlich wie der Rote Apollofalter (Parnassius apollo) hat auch der Schwarze Apollofalter eine dramatische Rückgangsgeschichte in Baden-Württemberg und eine ähnliche historische Verbreitung zu verzeichnen. Die ehemaligen Vorkommen erstreckten sich über die gesamte Albhochfläche bis hin zur Baar- und Hegaualb. Der im Vergleich zu P. apollo etwas später einsetzende Rückgang betraf zahlreiche Populationen auf der Ostalb, auf der Mittleren Alb sowie auf der Baar und im Hegau (Ebert & Rennwald 1991a). Während des letzten Jahrzehnts wurden, nach Kenntnis der Ansprüche der Art, umfangreiche Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen unternommen, deren Auswirkungen sehr erfolgreich waren. Heute existieren deshalb wieder einige Populationen im Oberen Donautal und auf der Mittleren Alb (Trusch & Hafner 2005). Während der letzten Jahre ist eine Ausbreitung der Art ausgehend vom Oberen Donautal in Richtung Nordosten zu beobachten. Im Raum Rottweil wurde die Art illegal künstlich angesiedelt, ist aber von der Flugstelle offenbar bereits wieder verschwunden.

Habitatansprüche: Ganz im Gegensatz zu P. apollo tritt P. mnemosyne in Baden-Württemberg mehr im mesophilen Bereich auf. Bevorzugte Habitate sind lichte Waldränder mit angrenzenden Talwiesen, Waldlichtungen, Waldlückensysteme und Lichtwaldbereiche von Laubwäldern. Typischerweise sind dies Schluchtwald-Lücken, die in früherer Zeit regelmäßig durch Waldweide, Nieder- oder Mittelwaldbewirtschaftung und durch Kahlhiebe entstanden sind (Hermann 2021). Essentiell für die Art ist das Vorkommen der Wirtspflanzen aus der Gattung der Lerchensporne (Corydalis cava und C. intermedia). Diese wachsen meist im lichten Übergangsbereich von Wald zu Offenland oder auch in den lichten Waldbereichen selbst (Trusch & Hafner 2005, Hermann 2021). Angrenzende Wiesen nutzt P. mnemosyne ausschließlich zur Nektaraufnahme.

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vom Aussterben bedroht (Ebert et al. 2005). Lange Zeit waren die exakten Ansprüche des Schwarzen Apollofalters nicht bekannt. Der Schutz extensiv genutzter Talwiesen konnte den Rückgang der Art nicht aufhalten. Erst das regelmäßige Ausschlagen von Gehölzen an Waldrändern im Übergangsbereich zu den Wiesenflächen brachte den gewünschten Erfolg. Der lichthungrige Lerchensporn konnte sich auf diese Weise im Randbereich des ansonsten dunklen Hochwaldes halten und von P. mnemosyne als Wirtspflanze genutzt werden. Trotzdem ist die Art in Baden-Württemberg weiterhin vom Aussterben bedroht, Hochwaldnutzung ("Naturnaher Waldbau") mit daraus resultierender Verdunklung der Wälder, Aufforstung von Waldwiesen, Vereinheitlichung und Entsaumung der Waldränder sowie intensive Wiesennutzung tragen ihren Teil dazu bei. Zum Schutz der Art müssen geeignete Bedingungen für die larvale Entwicklung in Form von besonnten Beständen des Hohlen Lerchensporns geschaffen werden. Dies ist nur durch starke Auflichtung oder Kahlschläge von Wäldern möglich, wenn es sich nicht um Sonderstandorte (Bahn- und Wegböschungen) handelt (Hermann 2021). Hierzu muss auch in nach der FFH-Richtlinie geschützte Lebensraumtypen (z. B. Hang- und Schluchtwälder) eingegriffen werden, wobei das schlagweise Verfahren eine gängige Bewirtschaftungsmethode für diesen Lebensraum darstellt. Es sollte dabei bedacht werden, dass auch der Schwarze Apollo eine Art der FFH-Richtlinie (Anhang IV) ist und deshalb eine gesetzliche Verpflichtung besteht, Lebensräume für diese Art zu erhalten und zu schaffen. In jüngerer Zeit sind entlang von wenig befahrenen Straßen (Kreenheinstetten, Hausen im Tal, Thiergarten, Winterlingen) durch Verkehrssicherungsmaßnahmen (Entnahme höherer Bäume und anschließende niederwaldartige Bewirtschaftung) geeignete Habitate für den Schwarzen Apollofalter entstanden, die zur Ausbreitung der Art beigetragen haben. Werden diese Maßnahmen in regelmäßigen Abständen fortgesetzt, besteht die Chance, dass sich die Art entlang der Albtäler weiter ausbreiten kann. Die sicherlich vorhandenen Verluste durch den Autoverkehr scheinen die Vorkommen nicht nachhaltig zu beeinträchtigen.

Eignung als Indikatorart: P. mnemosyne kann als Indikator für lichte Laubwaldbereiche im Übergang zu extensiv genutztem Offenland dienen.

Bestimmung: Der Schwarze Apollo ist bei genauer Betrachtung in Mitteleuropa unverwechselbar. Allerdings kommt es - gerade bei Flugbeobachtungen - häufig zu Verwechslungen mit dem Baumweißling (Aporia crataegi), der eine ähnliche Größe und einen vergleichbaren Flugstil aufweist. Nachweise sollten aufgrund der Seltenheit der Art möglichst mittels Fotobeleg abgesichert werden.

Quellen für diese Seite:

Drews, M. (2003): Parnassius mnemosyne (Linnaeus, 1758). – In: Petersen, B., Ellwanger, G., Biewald, G., Hauke, U., Ludwig, G., Pretscher, P., Schröder, E. & Ssymank, A. (2003): Das europäische Schutzgebietsystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wirbellose. – Bonn (Bundesamt für Naturschutz). – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69 /1: 529-533 S.

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991a): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1, Tagfalter 1. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 552 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Hermann, G. (2021): Schaden Kahlschläge und andere "Desaster" der Biodiversität im Wald? Erkenntnisse aus umfangreichen Daten zur Tagfalter- und Widderchenfauna aus zwei Naturräumen. - Artenschutz und Biodiversität 2 (3): 1-46.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Reinhardt R., Harpke A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M. & J. Settele (Hrsg.) (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 428 S.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

Trusch, R. & S. Hafner (2005): Neue Beobachtungen zu Parnassius mnemosyne auf der Schwäbischen Alb. In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 38-41.

 

Saugender Schwarzer Apollofalter (Parnassius mnemosyne) auf einer extensiv genutzten Talwiese auf der westlichen Schwäbischen Alb, Juni 2010.

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Nektarsaugender Falter des Schwarzen Apollos auf der Mittleren Schwäbischen Alb, Juni 2012.

 

Weiterer schon etwas abgeflogener Schwarzer Apollo aus einem Trockental auf der westlichen Schwäbischen Alb, Juli 2013.

 

Ruhender P. mnemosyne auf der westlichen Schwäbischen Alb, Juni 2016.

 

Kopula von P. mnemosyne im Gräsergewirr auf extensiv genutzten Talwiesen der Mittleren Schwäbischen Alb, Juni 2012.

 

Sich sonnende Larve im Frühjahr auf der westlichen Schwäbischen Alb, April 2017.

 

An Lerchensporn fressende Larve auf der westlichen Schwäbischen Alb, April 2017.

 

Jungraupe des Schwarzen Apollofalters im Oberen Donautal (Kreenheinstetten), April 2023.

 

Sich sonnende Jungraupe des Schwarzen Apollofalters im Oberen Donautal (Kreenheinstetten), April 2023.

 

Hohler Lerchensporn (Corydalis cava) als Wirtspflanze auf der westlichen Schwäbischen Alb.

 

Larvalhabitat des Schwarzen Apollos auf der westlichen Schwäbischen Alb; gut besonnte Säume mit Lerchensporn-Vorkommen.

 

Larvalhabitat des Schwarzen Apollos zur Blütezeit des Lerchensporns auf der Mittleren Schwäbischen Alb.

 

Weiteres Larvalhabitat des Schwarzen Apollofalters auf der mittleren Albhochfläche (Schelklingen), ein nordost-exponierter Kahlhieb.

 

Habitat des Schwarzen Apollos auf der westlichen Schwäbischen Alb zur Raupenzeit im April.

 

Larval- und Nektarhabitat von P. mnemosyne auf der westlichen Schwäbischen Alb.

 

Habitat des Schwarzen Apollos auf der Mittleren Schwäbischen Alb, extensiv genutzte Talwiesen und angrenzende Bahnböschungen mit Lerchensporn-Bewuchs.

 

Weiteres Habitat des Schwarzen Apollos auf der westlichen Schwäbischen Alb, ein aufgrund von Sturmwürfen noch lichtes und offenes Trockental.

 

Durch Verkehrssicherungsmaßnahmen geöffneter Taleinschnitt mit Straße als Lebensraum des Schwarzen Apollofalters auf der Schwäbischen Alb (Winterlingen).

 

Schematische Verbreitung von P. mnemosyne in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Historisches Verbreitungsgebiet (letztes Nachweisjahr)

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2022

Papilio machaon, Parnassius apollo, Iphiclides podalirius

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