Vipera berus (Kreuzotter) (Linnaeus, 1758)

Verbreitung in Deutschland: Vipera berus ist in Deutschland vor allem in den Moor- und Heidegebieten Norddeutschlands und des Alpenvorlandes verbreitet. Außerdem tritt sie in den waldreichen Mittelgebirgslagen Süd- und Mitteldeutschlands auf. In weiten Bereichen Westdeutschlands fehlt die Kreuzotter dagegen (Fritz et al. 2007). Verbreitungsschwerpunkte finden sich im bayerischen Alpenvorland, im Bayerischen Wald, in großen Teilen Sachsens (z. B. Erzgebirge), im südlichen Thüringen (Thüringer Wald, Rhön), im östlichen Niedersachsen (z. B. Lüneburger Heide) und in großen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins. Stark fragmentiert sind die Vorkommen in Brandenburg und in Nordrhein-Westfalen. Hessen wird nur im äußersten Osten besiedelt, im Saarland und in Rheinland-Pfalz existieren keine Kreuzotter-Vorkommen (Online). Bundesweit gilt die Art als stark gefährdet (Kühnel et al. 2009).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Das Verbreitungsgebiet der Kreuzotter in Baden-Württemberg zerfällt in drei mittlerweile unterschiedlich dicht besiedelte Hauptnaturräume. Die besten Vorkommen existieren noch im gesamten Schwarzwald. Besonders der nördliche Schwarzwald ist aktuell noch recht dicht besiedelt, während es im mittleren und südlichen Schwarzwald deutliche Rückgangstendenzen gibt. Die Vorkommen des mittleren und südlichen Schwarzwaldes strahlen bis in die südlichen Oberen Gäue und in die Baar aus (z. B. Raum Rottweil/Villingen-Schwenningen/Donaueschingen). Auf der Schwäbischen Alb, wo die Art ehemals flächendeckend verbreitet war, fehlt V. berus aktuell in weiten Bereichen der östlichen und mittleren Albhochfläche (vgl. Lissak 2009). Sehr lokale Vorkommen gibt es noch auf der Ries- und Ostalb sowie am nördlichen Albtrauf der mittleren Alb. Allein auf der Westalb existieren noch etwas bessere Populationen, Verbreitungsschwerpunkte liegen hier in der Region um Albstadt und weiter südlich bis hin zum Oberen Donautal. Die Verbindung zwischen den einstigen Hauptverbreitungsräumen des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb über die Baar-Alb bis in das Obere Donautal besteht in heutiger Zeit wahrscheinlich nicht mehr (Fritz et al. 2007). In Oberschwaben ist die Verbreitung auf die wenigen meist größeren Moorgebiete (z. B. Wildes Ried/Federseegebiet, Bodenmöser, Taufach-Fetzachmoos, Wurzacher Ried, Pfrunger-Burgweiler Ried) beschränkt, sodass viele Populationen mittlerweile isoliert sind. Das angebliche Vorkommen im NSG Langenauer Ried an der Grenze zum bayerischen Donaumoos ist fraglich, aktuelle Nachsuchen ergaben keinen Nachweis.

Habitatansprüche: V. berus besiedelt Saumbereiche von Heidelandschaften (Wacholderheiden, Besenginster-Heiden), strukturreiche Waldsäume, Moorränder und -wälder, offene Sturmwurfflächen und Blockhalden. Wichtig für die Art ist ein Mosaik aus feuchteren und trockeneren Bereichen und eine Vielzahl an Versteck- und Sonnenplätzen wie etwa Totholz, Böschungen, Steinhaufen oder Sturmwurfteller (Fritz et al. 2007). Als Biotopkomplex-Bewohner ist die Art auf größere, unzerschnittene Lebensräume angewiesen, die in heutiger Zeit kaum mehr existieren. War die Kreuzotter in früheren Zeiten deutlich mehr im Wald verbreitet, sind heutzutage viele Vorkommen auf das Offenland oder Moore beschränkt.

Gefährdung/Schutz: RL BW: Stark gefährdet (Laufer & Waitzmann 2022). Die Kreuzotter ist in Baden-Württemberg stark gefährdet, da geeignete Lebensräume immer seltener und zudem isolierter werden. Durch Nutzungsaufgabe (z. B. der Wanderschäferei) und veränderte Forstwirtschaft ("naturnaher Waldbau") wachsen zahlreiche Habitate zu und bieten dadurch keinen Lebensraum mehr. Durch intensive Landwirtschaft, Straßenbau und Siedlungserweiterungen sind vor allem auf der Schwäbischen Alb und in Oberschwaben viele Populationen auf Naturschutzgebiete zurück gedrängt und somit isoliert. Besonders negativ wirkt sich hierbei aus, dass die Erweiterungen häufig in Tallagen stattfinden, wo Kreuzottern nicht in besonders geschützten Biotopen oder FFH-Gebieten oder -Lebensraumtypen vorkommen. Die ehemals vorhandenen Metapopulationsstrukturen lösen sich damit auf. Weitere Gefährdungsfaktoren sind die Zunahme von Prädatoren (Wildschweine, Waschbären, Greif- und Rabenvögel) und die Klimaerwärmung (Otte et al. 2020). Zum Schutz der Art müssen strukturreiche Lebensraumkomplexe erhalten und entsprechend gepflegt werden, auf weite Sicht sollten die Habitate durch Verbundstrukturen wieder miteinander verknüpft werden. Die Habitate an sich können durch die Anlage von Stein- und Totholzhäufen sowie Überwinterungsquartieren aufgewertet werden. Auf einen gewissen Bracheanteil durch mosaikartige Pflege oder nicht zu intensive Beweidung ist zu achten. Die Kreuzotter genießt keinen europäischen Schutzstatus, wird aber im Zielartenkonzept des Landes Baden-Württemberg in der höchsten Kategorie als Landesart der Gruppe A eingestuft, was ihre prekäre Gefährdungssituation unterstreicht.

Eignung als Indikatorart: V. berus kann als Indikator von strukturreichen Saumbereichen innerhalb von extensiv genutzten Heidelandschaften, Mooren und Wäldern in kühlem Großklima dienen.

Bestimmung: Gezackte Individuen sind ebenso wie melanistische Tiere sehr gut zu identifizieren. Es gibt aber auch intermediäre oder weniger deutlich gezeichnete Tiere, bei denen eine Verwechslung mit der Schlingnatter (Coronella austriaca) möglich ist. Die geschlitzte Pupille (nicht immer gut zu erkennen) und ein kräftiger Körperbau sind weitere gute Merkmale der Kreuzotter. Aufgrund der Seltenheit der Art sollten Nachweise mittels Fotobeleg abgesichert werden. Es sei darüber hinaus erwähnt, dass melanistische Individuen auch bei anderen Schlangenarten, z. B. bei Ringelnattern (Natrix natrix, N. helvetica) auftreten können.

Quellen für diese Seite:

Fritz, K., Lehnert, M. & P. Sowig (2007): Kreuzotter - Vipera berus (Linnaeus, 1758). In: Laufer, H.; Fritz, K. & P. Sowig (Hrsg.): Die Reptilien und Amphibien Baden-Württembergs. Ulmer Verlag (Stuttgart), 709-732.

Kühnel, K.-D.; Geiger, A.; Laufer, H.; Podloucky, R. & M. Schlüpmann (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Lurche (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia) Deutschlands [Stand Dezember 2008]. In: Haupt, H.; Ludwig, G.; Gruttke, H.; Binot-Hafke, M.; Otto, C. & A. Pauly (Red.) (2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere. Bundesamt für Naturschutz: Naturschutz und biologische Vielfalt 70 (1).

Laufer, H. & M. Waitzmann (2020): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs. 4. Fassung. Stand 31.12.2020. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 16.

Lissak, W. (2009): Verfolgt, verdrängt und fast verschwunden: Die Kreuzotter auf der Schwäbischen Alb. - Naturschutz Alb-Neckar 2: 25-40.

Otte, N.; Bohle, D. & B. Thiesmeier (2020): Die Kreuzotter - ein Leben in ziemlich festen Bahnen. - Laurenti-Verlag (Bielefeld), 256 S.

 

Melanistische Kreuzotter (Vipera berus) an einer Parkplatzböschung im Nordschwarzwald (Kaltenbronn), Juli 2011.

 

Weiteres trächtiges, melanistisches Kreuzotterweibchen beim Sonnenbad im Nordschwarzwald (Baiersbronn), Juli 2012.

 

Melanistisches Männchen an einem Waldsaum im württembergischen Allgäu (Immenried), März 2018.

 

Melanistisches Weibchen beim Sonnenbad im württembergischen Allgäu (Immenried), März 2018.

 

Frisch gehäutetes, melanistisches Exemplar der Kreuzotter auf der Schwäbischen Alb (Onstmettingen), September 2020.

 

Melanistische Kreuzotter mit roter Bauchseite im württembergischen Allgäu (Isny), September 2019.

 

Männchen der Kreuzotter mit charakteristischem Zickzack-Band im südlichen Schwarzwald (Titisee-Neustadt), Mai 2013.

 

Weitere melanistische Kreuzotter beim Sonnenbad in Oberschwaben (Kißlegg), September 2014.

 

Weitere melanistische Kreuzotter im Allgäu (Isny), Juni 2016.

 

Braunes Weibchen der Kreuzotter aus dem württembergischen Allgäu (Isny), September 2016.

 

Schwarzbraunes Weibchen aus dem württembergischen Allgäu (Isny), April 2017.

 

Schokoladenbraun gefärbtes Männchen der Kreuzotter im württembergischen Allgäu (Isny), September 2019.

 

Weiteres trächtiges, normal gefärbtes Weibchen der Kreuzotter in Oberschwaben (NSG Pfrunger-Burgweiler Ried), Juli 2017.

 

Großes Männchen in Paarungsfärbung auf der Schwäbischen Alb (Onstmettingen), April 2020.

 

Gut getarntes Weibchen der Kreuzotter auf der Schwäbischen Alb (Onstmettingen), Mai 2022.

 

Weitere charakteristisch gefärbte Kreuzotter aus dem württembergischen Allgäu (Isny), April 2018.

 

Kräftiges, charakteristisch gezeichnetes Weibchen der Kreuzotter in einem Waldgebiet im württembergischen Allgäu (Kißlegg), April 2020.

 

Fünf melanistische Kreuzottern beim Paarungsspiel am Überwinterungsplatz im württembergischen Allgäu (Immenried), März 2018.

 

"Habitat" von V. berus im Nordschwarzwald (Kaltenbronn), eine sonnenexponierte Parkplatzböschung.

 

Habitatausschnitt am Bahndamm im Südschwarzwald (Titisee-Neustadt) - der Lebensraum ist durch Baumaßnahmen stark bedroht.

 

Brachefläche am Bahndamm im südlichen Schwarzwald (Titisee-Neustadt), ebenfalls Habitat von V. berus.

 

Habitat der Kreuzotter auf der Schwäbischen Alb (Albstadt), ein südexponierter Gebüschsaum entlang einer Bahnlinie.

 

Lebensraum der Kreuzotter bei Albstadt; extensiv genutzte, frische Rinderweiden mit Einzelgehölzen.

 

Diese Feuchtbrache entlang der Bahnlinie dient (noch) als Lebensraum der Kreuzotter auf der Schwäbischen Alb (Albstadt).

 

Lebensraum der Kreuzotter auf der Schwäbischen Alb (Storzingen); Saumbereiche entlang von Gehölzen und Magerrasen.

 

Habitat und Überwinterungsplatz der Kreuzotter im württembergischen Allgäu (Immenried); südexponierter Waldsaum mit Totholz und Wurzelstubben.

 

Südexponierte, strukturreiche Waldsäume und zwischenmoorartige Streuwiesenbereiche stellen regelmäßig den Lebensraum von V. berus in Oberschwaben (Kißlegg) dar.

 

Habitat im württembergischen Allgäu (NSG Taufach-Fetzachmoos) mit individuenreichen Vorkommen der Kreuzotter; sporadisch gemähte Zwischenmoorbereiche und jährlich gemähte Streuwiesen.

 

Charakteristischer Sonnenplatz einer Kreuzotter in Oberschwaben (Kißlegg), strukturreicher Waldsaum mit Rückzugsmöglichkeiten.

 

Schematische Verbreitung von V. berus in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

 

Natrix natrix, Zamenis longissimus, Coronella austriaca, Vipera aspis, Anguis fragilis, Zootoca vivipara, Lacerta agilis, Lacerta bilineata, Podarcis muralis, Emys orbicularis                                                 

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