Zamenis longissimus (Äskulapnatter) (Laurenti, 1768)

Verbreitung in Deutschland: Zamenis longissimus erreicht in Deutschland ihre nördliche Verbreitungsgrenze und ist hier in vier voneinander isolierten Populationen in den Bundesländern Bayern, Hessen und Baden-Württemberg verbreitet. In Bayern kommt sie an der Donau bei Passau und an der Salzach bei Burghausen vor, in Hessen bildet der Rheingau-Taunus bei Schlangenbad das Verbreitungszentrum. Im hessisch-baden-württembergischen Grenzgebiet ist die Art im südlichen Odenwald verbreitet (Waitzmann & Fritz 2007). Die Vorkommen in Bayern stellen die nordwestlichen Ausläufer des geschlossenen Verbreitungsgebiets in Österreich dar, während die übrigen bundesdeutschen Vorkommen völlig voneinander isoliert sind (Online). Bundesweit gilt die Äskulapnatter als stark gefährdet (Rote-Liste-Gremium Reptilien und Amphibien 2020).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Die Äskulapnatter ist in Baden-Württemberg ausschließlich im äußersten Norden in der Grenzregion zu Hessen verbreitet. Hier besiedelt sie das Neckartal sowie den nördlichen angrenzenden Odenwald (Waitzmann & Fritz 2007). Nachweise aus anderen Regionen (z. B. Südschwarzwald, Hegau) erwiesen sich als Fehlbestimmungen oder sind auf ausgesetzte Tiere zurückzuführen. 

Habitatansprüche: Z. longissimus ist in Baden-Württemberg in der Lage, zahlreiche unterschiedliche Lebensräume zu besiedeln. Am häufigsten ist sie auf extensiv genutzten Streuobstwiesen und entlang von Bahndämmen anzutreffen. Außerdem spielen auch die eher frisch-feuchten Talauen des Neckars und einiger Seitentäler, Wald- und Wegrandsäume sowie aufgelassene Steinbrüche eine wichtige Rolle als Habitate der Äskulapnatter. Bevorzugt werden innerhalb dieser Lebensräume sonnenexponierte Trockenmauern und Brennholzlager. Zur Überwinterung werden gerne anthropogene Strukturen wie Garten- und Wohnhäuser oder Geräteschuppen genutzt. Auch die Eiablage findet häufig in Kompost-, Laub- und Misthäufen statt (Waitzmann & Fritz 2007).

Gefährdung/Schutz: Stark gefährdet (Laufer & Waitzmann 2022). Das Vorkommen der Äskulapnatter am Nordrand ihrer Arealgrenze ist allein schon aufgrund seiner weiträumigen Isolation stark gefährdet. Die Rückstufung in den Status "Stark gefährdet" in der aktuellen Roten Liste erfolgte, weil die Populationen derzeit aufgrund der Umsetzung umfangreicher Naturschutzmaßnahmen stabil sind. Ältere Untersuchungen legten nahe, dass der Reproduktionserfolg aufgrund des kühlen Klimas nur mäßig ist (Gomille 1999). Dies könnte sich aber zwischenzeitlich durch die Klimaerwärmung geändert haben. Gefährdungen bestehen aufgrund von Sukzession an Wiesenhängen und aufgrund des Rückgangs von Trockenmauern infolge mangelnder Pflege oder Verlust durch Siedlungserweiterungen. Weitere Gefährdungspotentiale gehen von Überbauung, weiterer Isolation durch den Straßenbau, Intensivierung der Landnutzung und kommerziellem Fang für den Terrarienhandel aus. Auch im Wald war die Äskulapnatter in Zeiten der Niederwaldnutzung wahrscheinlich weiter verbreitet, während der naturnahe Waldbau ihren Lebensraum deutlich einschränkt. Für den Schutz der Äskulapnatter wurden bereits zahlreiche vorbildliche Maßnahmen getroffen. So stehen an den meisten Vorkommensorten speziell für die Art geschaffene Überwinterungs- und Eiablageplätze zu Verfügung. Die Ausweisung von Naturschutzgebieten und Naturdenkmälern sowie die Zusammenarbeit mit den örtlichen Landnutzern zur extensiven Pflege der Streuobstbestände unterstützen den Schutz dieses einmaligen baden-württembergischen Faunenelements. Die Maßnahmen scheinen Früchte zu tragen, denn in den vergangenen Jahren konnte die Art ihr Verbreitungsgebiet leicht erweitern und die Anzahl der Nachweise nahm zu. Möglicherweise sind hierfür auch die vielen klimatisch günstigen Jahre während der letzten beiden Jahrzehnte verantwortlich. Z. longissimus genießt über ihren nationalen Schutzstatus hinaus europäischen Schutz durch Listung im Anhang IV der FFH-Richtlinie. Das Land Baden-Württemberg ist in besonders hohem Maße für die Erhaltung isolierter Vorposten der Äskulapnatter verantwortlich.

Eignung als Indikatorart: In ihrem Verbreitungsgebiet ist Z. longissimus ein guter Indikator für extensiv genutztes Grünland (v. a. Streuobst) sowie für naturnahe Talauen und strukturreiche Wälder und Waldsäume.

Bestimmung: Adulte Exemplare der Äskulapnatter sind aufgrund ihrer Größe und gelbgrünen Färbung eigentlich unverwechselbar. Jungtiere verfügen ähnlich wie Ringelnattern (Natrix natrix, Natrix helvetica) über eine Gelbfärbung am Kopf, die zu Verwechslungen führen kann. Die Färbung des Körpers unterscheidet sich allerdings deutlich von der der Ringelnattern.

Quellen für diese Seite:

Gomille, A. (1999): Die Äskulapnatter (Elaphe longissima) im Odenwald - Untersuchungen am Nordrand der Verbreitung. - Diplomarbeit Universität Frankfurt.

Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (3): 64 S.

Laufer, H. & M. Waitzmann (2020): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs. 4. Fassung. Stand 31.12.2020. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 16.

Waitzmann, M. & K. Fritz (2007): Äskulapnatter - Zamenis longissimus (Laurenti, 1768). In: Laufer, H.; Fritz, K. & P. Sowig (Hrsg.): Die Reptilien und Amphibien Baden-Württembergs. Ulmer Verlag (Stuttgart), 651-666.

 

Portrait der Äskulapnatter (Zamenis longissimus) im nördlichen Baden-Württemberg, Mai 2013.

 

Weitere Perspektive auf ein Weibchen von Z. longissimus, Mai 2013.

 

Sich sonnende Äskulapnatter an einer Wegböschung, Juli 2019.

 

Weiteres Weibchen der Äskulapnatter im Versteck, Mai 2013.

 

Flüchtendes Tier am Waldrand, Mai 2013.

 

Jungtier der Äskulapnatter, gut erkennbar ist die Juvenilfärbung, Mai 2013.

 

Habitat von Z. longissimus im nördlichen Baden-Württemberg - extensiv bewirtschaftete Streuobstwiesen.

 

Weiteres Habitat der Äskulapnatter, ein südexponierter Bahndamm.

 

Weiteres Habitat der Äskulapnattern im Odenwald; ein südexponierter Steinbruch mit Saumvegetation.

 

Südostexponierte Wegböschungen und extensiv genutztes Grünland als Habitat der Äskulapnatter.

 

Schematische Verbreitung von Z. longissimus in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

 

Natrix natrix, Coronella austriaca, Vipera berus, Vipera aspis, Anguis fragilis, Zootoca vivipara, Lacerta agilis, Lacerta bilineata, Podarcis muralis, Emys orbicularis                                                     

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