Pyrgus armoricanus (Mehrbrütiger Würfel-Dickkopffalter) (Oberthür, 1910)

Verbreitung in Deutschland: Pyrgus armoricanus ist ausschließlich im südlichen Deutschland (Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen Bayern, Baden-Württemberg) verbreitet. Aus Sachsen-Anhalt liegen ausschließlich ältere Nachweise vor (Settele et al. 2005). Nach einer Arealregression im vergangenen Jahrhundert hat sich die Art während der letzten beiden Jahrzehnte wieder in Richtung Norden ausgebreitet und besiedelt mittlerweile einige Regionen (z. B. Saarland, Rheinland-Pfalz, nordwestliches Bayern) flächendeckend. In anderen Regionen existieren bisher dagegen nur langjährig isolierte Populationen, beispielsweise in Südbayern und im Grenzgebiet von Bayern und Baden-Württemberg (Reinhardt et al. 2020). Bundesweit gilt die Art (noch) als stark gefährdet (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Historische Nachweise des Mehrbrütigen Würfel-Dickkopffalters existieren vor allem aus der Oberrheinebene mit Kaiserstuhl, aber auch aus dem Tauber- und Bauland sowie aus der Bodenseeregion. Ebenfalls lange belegt ist das Vorkommen im Schwäbischen Donaumoos bei Ulm (Ebert & Rennwald 1991b). In neuerer Zeit mehren sich wieder Nachweise aus dem Hochrheingebiet, aus der mittleren Oberrheinebene, aus dem mittleren Schwarzwald und aus dem östlichen Württemberg (Imbeck-Löffler 2017, Online). Zwischenzeitlich ist mit P. armoricanus im gesamten nördlichen Baden-Württemberg, in der Oberrheinebene und am Bodensee wieder zu rechnen.

Habitatansprüche: P. armoricanus bevorzugt eine lückige Vegetation mit Offenbodenstellen. Hier lebt die Raupe an verschiedenen Potentilla-Arten, im Donaumoos bevorzugt am Kriechenden Fingerkraut (Potentilla reptans) (Ebert & Rennwald 1991b). Die Larvalhabitate (und damit auch die Standorte von P. reptans) im Donaumoos scheinen nicht extrem trocken zu sein, z. B. fehlen Wirtspflanze und Falter in den Kalktuffgebieten. Es handelt sich eher um zeitweise vom Grundwasser beeinflusste Standorte, die einen starken Wechsel zwischen eher feuchten und extrem trocken-heißen Bedingungen auf schwarzem Torfboden aufweisen. Ähnliches wäre auch für die neuen Fundorte im mittleren Schwarzwald und am Oberrhein denkbar. Aus den sonst für viele Pyrgus-Arten charakteristischen Kalk-Magerrasen mit kurzrasiger Vegetation sind aktuell nur wenige Vorkommen der Art bekannt.

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vom Aussterben bedroht (Ebert et al. 2005). Die Einstufung in der Roten Liste berücksichtigt noch nicht den Ausbreitungstrend des Mehrbrütigen Würfel-Dickkopffalters, der im vergangenen Jahrzehnt zu beobachten war. Die Klimaerwärmung mit längeren Wärmephasen im Sommer und eher atlantisch geprägten Wintern könnte der mehrbrütigen Art zugute kommen und eine Ausbreitung begünstigen. Im Schwäbischen Donaumoos ist eine Gefährdung der Vorkommen durch die durchgeführten Wiedervernässungen anzunehmen. Die spezifischen Mikrohabitate mit zumindest temporär bodentrockenen Verhältnissen entstehen nur durch eine gewisse Entwässerung des Niedermoors. Die Bestandsentwicklung der Art sollte über die nächsten Jahre genau beobachtet werden, um herauszufinden, ob sich der Ausbreitungstrend auch in Zukunft bestätigen lässt.

Eignung als Indikatorart: P. armoricanus ist ein guter Indikator für lückige Offenbodenbereiche mit Vorkommen von Fingerkrautarten.

Bestimmung: Schwierig zu bestimmende Art, die optisch von ähnlichen Arten wie Schwarzbrauner Würfel-Dickkopffalter (Pyrgus serratulae) oder Sonnenröschen-Würfel-Dickkopffalter (Pyrgus alveus) kaum zu unterscheiden ist. Bei P. armoricanus ist der zentrale Fleck auf den Hinterflügeloberseiten auffallend groß und der Flügelrand ist stark schwarz-weiß gescheckt. Dies sind allerdings nur weiche Merkmale. Auch die Flügelunterseite kann zur Determination herangezogen werden, eine 100 %-ige Sicherheit bietet aber häufig nur die Genitaluntersuchung.

Quellen für diese Seite:

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991b): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2, Tagfalter 2. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 535 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Imbeck-Löffler, P. (2017): Tagfalter und Widderchen der Region Basel. - Reihe "Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel-Landschaft", Band 101, Verlag des Kantons Basel-Landschaft, Liestal, 592 S.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Reinhardt R., Harpke A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M. & J. Settele (Hrsg.) (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 428 S.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

 

Männchen des Mehrbrütigen Würfel-Dickkopffalters (Pyrgus armoricanus) aus dem Donaumoos (NSG Langenauer Ried), Mai 2015.

 

Habitat von P. armoricanus im Donaumoos, eine teils beweidete, teils gemähte Feuchtwiese mit trockenen Kuppen und Offenbodenstellen.

 

Charakteristischer Offenbodenfleck in einer entwässerten Feuchtwiese im Donaumoos als potentielles Larvalhabitat des Mehrbrütigen Würfel-Dickkopffalters.

 

Aufsicht auf das potentielle Larvalhabitat mit Vorkommen des Kriechenden Fingerkrauts (Potentilla reptans).

 

Schematische Verbreitung von P. armoricanus in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2022

Thymelicus acteon, Thymelicus lineolus, Thymelicus sylvestris, Ochlodes sylvanus, Hesperia comma, Carterocephalus palaemon, Spialia sertorius, Pyrgus alveus, Pyrgus armoricanus, Pyrgus cirsii, Pyrgus carthami, Pyrgus malvae, Pyrgus onopordi, Pyrgus serratulae, Erynnis tages, Carcharodus alceae, Carcharodus flocciferus                                                  

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