Pyrgus cirsii (Spätsommer-Würfel-Dickkopffalter) (Rambur, 1840)

Verbreitung in Deutschland: Pyrgus cirsii ist ausschließlich aus dem südlichen Deutschland nachgewiesen. In Rheinland-Pfalz gilt die Art als stark gefährdet, in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg wird sie als vom Aussterben bedroht eingestuft (Settele et al. 2005). Aktuelle Vorkommen finden sich nur noch im Saar-Nahe-Bergland (Rheinland-Pfalz), auf den Mainfränkischen Platten und im Fränkischen Keuper-Lais-Land (Bayern) sowie auf der östlichen Schwäbischen Alb (Reinhardt et al. 2020). Bundesweit gilt die Art als eine von elf Tagfalterarten, die akut vom Aussterben bedroht sind (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Der Spätsommer-Würfel-Dickkopffalter kam früher sowohl in großen Teilen der Schwäbischen Alb als auch in den Oberen Gäuen (Heckengäu) vor. Daneben existieren zahlreiche, meist jedoch zweifelhafte Einzelbelege aus anderen Naturräumen, so etwa auch vom Kaiserstuhl (Ebert & Rennwald 1991b). Heutzutage kommt die Art wohl nur noch in einem Habitatkomplex auf der Ostalb vor, von anderen Fundorten (z. B. NSG Schandental auf der mittleren Albhochfläche) fehlen mittlerweile aktuelle Nachweise (Wagner 2005).

Habitatansprüche: P. cirsii ist eine extrem xerophile Art, die entsprechend trockenwarme und lückige Halbtrockenrasen benötigt. Fast immer sind diese intensiv beweidet und/oder sehr steil, um die Offenheit des Bodens zu gewährleisten. Die Raupe frisst am auf diesen Flächen sehr häufigen Kriechenden Fingerkraut (Potentilla reptans) (Wagner 2005). Larvalhabitate sind Potentilla-Polster in schütterer Vegetation, die direkt dem nackten Boden, Fels oder der an den Entwicklungsstätten meist sehr gut ausgebildeten Moosschicht aufliegen (Wagner 2006). Die Art scheint zudem auf recht großflächige Habitatkomplexe angewiesen zu sein.

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vom Aussterben bedroht (Ebert et al. 2005). Durch Aufgabe von Beweidung und anschließende Verfilzung und Sukzession sind die Vorkommen von P. cirsii auf einen letzten Standort auf der Ostalb zusammen geschmolzen. Hier wird intensiv für die Art gepflegt und die Habitate offen und lückig gehalten. Sobald die Vegetation dichter wird und die Wirtspflanzen zwischen dichteren, höheren Pflanzen stehen, ist keine erfolgreiche Larvalentwicklung und meist auch keine Eiablage mehr zu erwarten (Wagner 2006). Für die Zukunft muss versucht werden, die Art auf weiteren, verknüpften Halbtrockenrasen durch entsprechende Pflege wieder anzusiedeln bevor sie komplett aus Baden-Württemberg verschwindet (Wagner 2005). Für P. cirsii wird eine Beweidung zwischen März und Anfang Juni nicht empfohlen. Dagegen sollte im Juni/Juli eine intensive Beweidung und ab Ende September eine extensive Beweidung stattfinden (Wagner 2006).

Eignung als Indikatorart: P. cirsii ist ein sehr guter Indikator für trocken-heiße und lückige Halbtrockenrasen.

Bestimmung: Eine der wenigen Pyrgus-Arten, die relativ sicher rein optisch bestimmt werden kann. Die weißen Flecken auf der Hinterflügeloberseite sind genauso hell wie die der Vorderflügeloberseite. Zudem sind die Flügelunterseiten ähnlich wie beim Roten Würfel-Dickkopffalter (Spialia sertorius) rotbraun. Eine 100 %-ige Sicherheit bietet aber auch bei dieser Art nur eine Genitaluntersuchung. Aufgrund der Seltenheit der Art sollten Nachweise mindestens durch gute Fotobelege, besser noch durch Belegexemplare abgesichert werden.

Quellen für diese Seite:

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991b): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2, Tagfalter 2. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 535 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Wagner, W. (2005): Neue Erkenntnisse zur Ökologie der Dickkopffalter der Gattung Pyrgus in Baden-Württemberg. In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 48-66.

Wagner, W. (2006): Die Gattung Pyrgus in Mitteleuropa und ihre Ökologie - Larvalhabitate, Nährpflanzen und Entwicklungszyklus. - In: Fartmann, T. & G. Hermann (2006): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa. - Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde. Heft 68 (3/4): 83-122.

 

Spätsommer-Würfel-Dickkopffalter (Pyrgus cirsii) vom letzten Fundort in Baden-Württemberg (Östliche Schwäbische Alb), September 2010.

 

Weiterer Falter von P. cirsii aus Südfrankreich (Hâute Provence), August 2009.

 

Flügelunterseite des Spätsommer-Würfel-Dickkopffalters aus Südfrankreich (Hâute Provence), wo die Art noch weit verbreitet ist, September 2010.

 

Blick in einen Teilbereich des letzten Habitats auf der Ostalb (Östliche Schwäbische Alb), steile und extrem lückige Halbtrockenrasen.

 

Weiterer Einblick in den einzigen, verbliebenen Lebensraum des Spätsommer-Würfel-Dickkopffalters in Baden-Württemberg.

 

Schematische Verbreitung von P. cirsii in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen (letztes Nachweisdatum)

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2022

Thymelicus acteon, Thymelicus lineolus, Thymelicus sylvestris, Ochlodes sylvanus, Hesperia comma, Carterocephalus palaemon, Spialia sertorius, Pyrgus alveus, Pyrgus armoricanus, Pyrgus cirsii, Pyrgus carthami, Pyrgus malvae, Pyrgus onopordi, Pyrgus serratulae, Erynnis tages, Carcharodus alceae, Carcharodus flocciferus                                                  

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