Pyrgus carthami (Steppenheiden-Würfel-Dickkopffalter) (Hübner, 1813)

Verbreitung in Deutschland: Pyrgus carthami ist nur noch in wenigen Bundesländern nachgewiesen. Aktuelle Vorkommen beschränken sich auf Bayern (Mainfränkische Platten, Grabfeldgau, Östliche Frankenalb), Thüringen (Kyffhäuser, Grabfeld) und Rheinland-Pfalz (Saar-Nahe-Bergland), während die Art in allen übrigen Bundesländern erloschen ist oder wie in Nordwestdeutschland in jüngerer Zeit nicht mehr vorkam (Settele et al. 2005). Bundesweit wird P. carthami als stark gefährdet eingestuft (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Der Steppenheiden-Würfel-Dickkopffalter war früher in verschiedenen Naturräumen Baden-Württembergs anzutreffen. Ältere Nachweise vom Beginn des 20. Jahrhunderts existieren von der nördlichen Oberrheinebene, jüngere aus dem nördlichen Kraichgau, aus dem Tauberland, aus den Oberen Gäuen (Heckengäu) und vom Kaiserstuhl. Während die Nachweise aus dem nördlichen Kraichgau und aus dem Heckengäu bereits 60-70 Jahre zurückliegen, wurde P. carthami noch Anfang der 1990er-Jahre im Tauberland und am Kaiserstuhl nachgewiesen (Ebert & Rennwald 1991b). Ein aktuelles Vorkommen ist in beiden Fundregionen wenig wahrscheinlich, jedoch sind die Nachweise durchaus plausibel, da die Art auch aktuell noch auf der Mainfränkischen Platte in Bayern unweit des Tauberlandes (Bolz 2013) und im französischen Elsass am Bollenberg vorkommt. Aktuell muss der Steppenheiden-Würfel-Dickkopffalter in Baden-Württemberg als erloschen angesehen werden.

Habitatansprüche: Die ehemals in Baden-Württemberg besiedelten Lebensräume sind kaum bekannt (Ebert & Rennwald 1991b). Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Art ähnlich wie in Bayern auf Volltrockenrasen wie Erdseggen-Trockenrasen vorkam. Charakteristisch sind hier südexponierte Trockenrasen mit hohem Fels-, Schutt- und Offenbodenanteil, wo sich in der schütteren Vegetation einzelne Polster von Fingerkraut-Arten (Potentilla spp.) halten können (Bolz 2013).

Gefährdung/Schutz: RL BW: Ausgestorben (Ebert et al. 2005). Bevor die starke Gefährdung dieser Art in Baden-Württemberg richtig erkannt wurde, war sie leider bereits ausgestorben. Ursächlich hierfür waren in den meisten Fällen wohl nachlassende Nutzung und Sukzessionsprozesse. Die von P. carthami zwingend benötigten lückigen Strukturen und skelettreichen Böden entstanden durch intensive Nutzung der Trockenstandorte in Form von häufiger (Schaf-)Beweidung und Gewinnung von Rohstoffen (Stein- und Sandentnahmestellen). Diese Standorte sind in heutiger Zeit so selten geworden, dass sie nicht mehr ausreichten, um das Fortbestehen des Steppenheiden-Würfel-Dickkopffalters in Baden-Württemberg zu gewährleisten. Da die Art angrenzend an Baden-Württemberg noch vorkommt, wäre ein Wiederauftreten bei Vorhandensein geeigneter Habitatstrukturen möglich. Hierfür müssten aber in größerem Umfang durch Gehölzentnahme und anschließende intensive Beweidung oder Oberbodenabtrag entsprechende Lebensräume geschaffen werden. Nach Wagner (2006) sollte eine Beweidung für P. carthami Ende April bis Anfang Mai und dann wieder intensiv ab Ende Juli stattfinden.

Eignung als Indikatorart: P. carthami ist ein sehr guter Indikator für lückige, skelettreiche Volltrockenrasen.

Bestimmung: Die große Pyrgus-Art fällt vor allem durch ihren markanten Außenrand der Vorderflügelunterseite auf. Etwas abgeflogene Individuen sind aber bereits deutlich schwieriger zu identifizieren, sodass beim Verdacht auf diese Art auf die Genitaluntersuchung zurückgegriffen werden sollte. Dies gilt im Besonderen für Verdachtstiere aus dem Tauberland und vom Kaiserstuhl, wo ein Wiedernachweis nicht auszuschließen ist.

Quellen für diese Seite:

Bolz, R. (2013): Steppen-Würfel-Dickkopffalter - Pyrgus carthami (Hübner, 1813). In: Bräu, M., Bolz, R., Kolbeck, H., Nunner, A., Voith, J. & W. Wolf (Hrsg.): Tagfalter in Bayern. - Ulmer-Verlag (Stuttgart), 78-80.

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991b): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2, Tagfalter 2. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 535 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Reinhardt R., Harpke A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M. & J. Settele (Hrsg.) (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 428 S.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

Wagner, W. (2006): Die Gattung Pyrgus in Mitteleuropa und ihre Ökologie - Larvalhabitate, Nährpflanzen und Entwicklungszyklus. - In: Fartmann, T. & G. Hermann (2006): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa. - Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde. Heft 68 (3/4): 83-122.

 

Etwas abgeflogenes Männchen des Steppenheiden-Würfel-Dickkopffalters (Pyrgus carthami) am Bollenberg (Elsass), Mai 2019.

 

Weiteres Individuum von P. carthami am Bollenberg (Elsass), Mai 2019.

 

Charakteristische Flügelunterseite des Steppenheiden-Würfel-Dickkopffalters am Bollenberg (Elsass), Mai 2019.

 

Habitat von P. carthami am Bollenberg (Elsass); schüttere und kurzrasige Volltrockenrasen.

 

Schematische Verbreitung von P. carthami in Baden-Württemberg:

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen (letztes Nachweisdatum)

Thymelicus acteon, Thymelicus lineolus, Thymelicus sylvestris, Ochlodes sylvanus, Hesperia comma, Carterocephalus palaemon, Spialia sertorius, Pyrgus alveus, Pyrgus armoricanus, Pyrgus cirsii, Pyrgus carthami, Pyrgus malvae, Pyrgus onopordi, Pyrgus serratulae, Erynnis tages, Carcharodus alceae, Carcharodus flocciferus                                                   

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