Alytes obstetricans (Geburtshelferkröte) (Laurenti, 1768)

Verbreitung in Deutschland: Alytes obstetricans ist vor allem im Hügel- und Bergland des westlichen Deutschlands verbreitet und erreicht hier ihre östliche Verbreitungsgrenze. Gut besiedelt sind das südliche Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Hessen und Rheinland-Pfalz. An der Ostgrenze werden Nordbayern, das westliche Thüringen und das westliche Sachsen-Anhalt erreicht (Fritz & Schwarze 2007). Das baden-württembergische Vorkommensgebiet ist deutlich von den nächsten deutschen Vorkommen in Rheinland-Pfalz abgetrennt und hat Anschluss an Populationen im Elsass und in der Nordschweiz (Online). Bundesweit gilt die Art als gefährdet (Kühnel et al. 2009).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Die Geburtshelferkröte ist in Baden-Württemberg im Südschwarzwald, in der Vorbergzone des Schwarzwaldes um Freiburg, in der südlichen Oberrheinebene, im Hochrhein-Gebiet und vereinzelt im Baar-Wutach-Gebiet verbreitet. Zusätzlich existiert am Märchensee bei Wendelsheim (Albvorland) ein im Jahre 1928 angesiedeltes Vorkommen (Fritz & Schwarze 2007).

Habitatansprüche: Als Primärgewässer nutzte A. obstetricans ehemals die mit rohbodenreichen Steilufern und strömungsberuhigten Bereichen ausgestatteten Bergbäche im südlichen Schwarzwald, wo die Art früher weit verbreitet war (z. B. Wutachschlucht). Heutzutage kommt die Art, neben den typischen Sekundärlebensräumen Steinbruch und Kiesgrube, in strukturreichen, kleinbäuerlich genutzten Landschaften vor. Hier dient ein Mosaik aus extensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Rohbodenbereichen, Stein- und Sandhäufen sowie Lesesteinmauern als Landlebensraum, während häufig fischfreie Feuerlöschteiche als Reproduktionsgewässer genutzt werden. Dieser im südlichen Schwarzwald ehemals weit verbreitete Kulturlandschaftstyp ist allerdings in der heutigen Zeit stark rückläufig (Fritz & Schwarze 2007).

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vom Aussterben bedroht (Laufer & Waitzmann 2020). Die Geburtshelferkröte muss aktuell als einer der am stärksten gefährdeten Forschlurche Baden-Württembergs angesehen werden. Daher folgte in der aktuellen Roten Liste folgerichtig die Hochstufung in die höchste Gefährdungskategorie. Vor allem der Verlust kleinbäuerlicher Strukturen, die zahlreiche gut besonnte Tagesverstecke und gleichzeitig Reproduktionsgewässer boten, ist für diese Art tragisch. Häufig werden die Höfe frisch gepflastert oder betoniert, Sand- und Steinhaufen sowie weitere gute Versteckmöglichkeiten werden aus übertriebenem Ordnungssinn entfernt und die Teiche verfüllt, mit Fischen besetzt oder der Sukzession überlassen. Dies führt zum Abbruch der Verbindungen der einzelnen Populationen, sodass die Art nur noch in örtlich isolierten Kleinpopulationen überlebt. Weitere Gefährdungsursachen sind der Verlust der Primärhabitate durch Begradigung und Kanalisierung sowie Rekultivierung oder freie Sukzession von Abbaustellen. Zum Schutz der Art sollte gebietsweise eine traditionelle, kleinbäuerliche Bewirtschaftungsweise beibehalten werden, auch müssen besiedelte Kiesgruben und Steinbrüche offen und frei von Sukzession gehalten werden. Auf Fischbesatz muss verzichtet werden. Auch die Renaturierung von Fließgewässern kann A. obstetricans fördern. Als FFH-Art des Anhangs IV genießt die Geburtshelferkröte außerdem europäischen Schutz.

Eignung als Indikatorart: A. obstetricans kann als Indikator einerseits sehr naturnaher Bäche und kleinbäuerlicher Strukturen andererseits genutzt werden.

Bestimmung: Die Geburtshelferkröte ist als Adulttier mit ihrer senkrecht geschlitzten Pupille und der grauen, warzigen Haut nicht mit anderen einheimischen Amphibienarten zu verwechseln. Allenfalls die Gelbbauchunke (Bombina variegata) könnte von Laien mit ihr verwechselt werden. Ihr glockenartiger Ruf ist zudem äußerst charakteristisch. Den auffällig großen Larven fehlt eine Netzstruktur im Flossensaum, dafür finden sich hier verschieden große Punkte.

Quellen für diese Seite:

Fritz, C. & T. Schwarze (2007): Geburtshelferkröte - Alytes obstetricans (Laurenti, 1768). In: Laufer, H.; Fritz, K. & P. Sowig (Hrsg.): Die Reptilien und Amphibien Baden-Württembergs. Ulmer Verlag (Stuttgart), 253-270.

Kühnel, K.-D.; Geiger, A.; Laufer, H.; Podloucky, R. & M. Schlüpmann (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Lurche (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia) Deutschlands [Stand Dezember 2008]. In: Haupt, H.; Ludwig, G.; Gruttke, H.; Binot-Hafke, M.; Otto, C. & A. Pauly (Red.) (2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere. Bundesamt für Naturschutz: Naturschutz und biologische Vielfalt 70 (1).

Laufer, H. & M. Waitzmann (2020): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs. 4. Fassung. Stand 31.12.2020. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 16.

 

Weibliche Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) in einem naturnahe gestalteten Garten in der Vorbergzone des Schwarzwaldes (Freiamt), April 2011.

 

Männliche Geburtshelferkröte aus dem Albvorland (Wendelsheim), Mai 2013.

 

Weiteres Männchen der Geburtshelferkröte am angesiedelten Vorkommen im Albvorland (Wendelsheim), April 2011.

 

Lebensraum und Reproduktionsgewässer der Geburtshelferkröte in der Vorbergzone des Schwarzwaldes (Freiamt).

 

Habitat der Geburtshelferkröte im Baar-Wutach-Gebiet (Blumberg); die südexponierte Böschung dient als Rufhabitat.

 

Typischer Rufplatz und auch Tagesversteck von A. obstetricans am besonnten Waldrand im Albvorland (Wendelsheim).

 

Für die Geburtshelferkröte extrem wertvolle Strukturen wie hier Steinhaufen im Albvorland (Wendelsheim).

 

Weiterer Rufplatz und Tagesversteck im Albvorland (Wendelsheim), ein Sandhaufen.

 

Weiterer Rufplatz der Geburtshelferkröte im Albvorland (Wendelsheim), diesmal an einer rohbodenreichen Böschung im lichten Waldbereich.

 

Selbst gegrabene Höhle im Sandhaufen als Tagesversteck der Geburtshelferkröte im Albvorland (Wendelsheim).

 

Laichgewässer von A. obstetricans im ehemaligen Steinbruch am Märchensee im Albvorland (Wendelsheim).

 

Weiteres Laichgewässer im ehemaligen Steinbruch im Albvorland (Wendelsheim).

 

Schematische Verbreitung von A. obstetricans in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

 

Salamandra atra, Salamandra salamandra, Ichthyosaura alpestris, Triturus cristatus, Lissotriton helveticus, Lissotriton vulgaris, Alytes obstetricans, Bombina variegata, Bufo bufo, Epidalea calamita, Bufotes viridis, Pelobates fuscus, Hyla arborea, Rana temporaria, Rana dalmatina, Rana arvalis, Pelophylax esculentus, Pelophylax lessonae, Pelophylax ridibundus                                                                                                   

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