Rana arvalis (Moorfrosch) (Nilsson, 1842)

Verbreitung in Deutschland: Der Moorfrosch ist eine östlich verbreitete Art, die in Deutschland hauptsächlich in der norddeutschen Tiefebene und in den östlichen Mittelgebirgen anzutreffen ist. Besiedelt werden hier der Norden Niedersachsens, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In Thüringen und im Norden Bayerns sind die Vorkommen bereits stark isoliert und vereinzelt. In den (süd-)westlichen Bundesländern kommt die Art in der Oberrheinebene von Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg sowie im Elsass vor. Diese Populationen sind etwa 190 km von den nächstgelegenen in Nordrhein-Westfalen entfernt und bilden die südwestliche Verbreitungsgrenze der Art (Laufer & Pieh 2007). Aus dem Voralpenraum sind nur aus Baden-Württemberg wenige Vorkommen nachgewiesen, während sie in Bayern mittlerweile gänzlich fehlt (Online). Bundesweit gilt der Moorfrosch als gefährdet (Kühnel et al. 2009).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Rana arvalis kommt in Baden-Württemberg in zwei disjunkten Teilarealen (Oberrheinebene und Oberschwaben) vor. Die besten Populationen existierten lange Zeit am nördlichen Oberrhein, sind aber hier seit Jahren beständig rückläufig. Am südlichen Oberrhein (NSG Taubergießen), von wo nur Einzelnachweise bekannt geworden sind, ist die Art ziemlich sicher erloschen. Für das 19. Jahrhundert ist eine flächendeckende Besiedlung der Oberrheinebene belegt (Laufer & Waitzmann 2020). In Oberschwaben wurden, abgesehen von Einzelnachweisen, Populationen aus vier großflächigen Moorkomplexen bekannt. Die vermeintlichen Nachweise aus dem Federseegebiet sind jedoch unsicher. Sicher belegt sind dagegen die Populationen der Blitzenreuter Seenplatte, des Taufach-Fetzachmooses und des Wurzacher Rieds. Im baden-württembergisch-bayerischen Grenzgebiet des Donaumooses kam die Art in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch vor, ist aber heutzutage erloschen (Laufer & Pieh 2007). Aufgrund von Unsicherheiten in der Bestimmung, die zahlreiche Falschmeldungen nach sich zogen und der gleichzeitig sehr versteckten Lebensweise der Art, ist die rezente Verbreitung in Oberschwaben immer noch nicht gänzlich geklärt.

Habitatansprüche: Besiedelt werden großflächige Moorkomplexe und Auelebensräume mit hohem Grundwasserstand. Dies sind in der Oberrheinebene die Überschwemmungszonen des Rheins mit angrenzenden Auwäldern, Feuchtwiesen und -weiden sowie verschiedenen Stillgewässern (z. B. Altwässer, Weiher, Gräben). In Oberschwaben werden die Übergangsbereiche vom Nieder- zum Hochmoor mit zahlreichen Gräben, Torfstichen und Kleingewässern besiedelt. Zur Fortpflanzung werden bevorzugt besonnte Weiher, Teiche und Kleingewässer genutzt, die häufig aufgrund der (Auen-)Dynamik einen stark schwankenden Wasserstand aufweisen (Laufer & Pieh 2007). Die Art meidet stark saure Bereiche, ist also in größeren Moorkomplexen meist im Randlagg zu finden, wo die Gewässer einen stärker alkalischen pH-Wert aufweisen.

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vom Aussterben bedroht (Laufer & Waitzmann 2020). Der Moorfrosch gehört zu den am stärksten gefährdeten Amphibienarten in Baden-Württemberg. Am Oberrhein sind die Vorkommen bereits früh durch die Rheinkorrekturen und die dadurch verloren gegangenen Überschwemmungsauen stark zurückgegangen. Auch in neuerer Zeit führen Sukzession und Verlandung von Gewässern sowie das vermehrte Auftreten von Neozoen (z. B. Kalikokrebs (Faxonius immunis)) zu weiteren Bestandsrückgängen. In Oberschwaben führen ein Mangel an Laichgewässern, Verschilfung, Eutrophierung und Versauerung der Moore zu weiteren Lebensraumeinbußen. Zusätzlich gehen auch Landlebensräume wie extensiv genutzte Feuchtwiesen durch Trockenlegung und Intensivierung verloren. Zum Schutz der Art müsste die Hochwasserdynamik am Oberrhein wieder hergestellt werden, in Oberschwaben trotz Prozessschutz die Lebensräume offen gehalten und vor Verschilfung und Verlandung bewahrt werden. Die Anlage von neuen Gewässern im Aktionsradius der Art kann sich positiv auf ihr Fortbestehen auswirken (Laufer & Pieh 2007). Eine extensive Beweidung der Landlebensräume sowie der Reproduktionsgewässer würde ebenfalls geeignete Habitate für den Moorfrosch schaffen. Als Art des Anhangs IV der FFH-Richtlinie genießt der Moorfrosch europäischen Schutz. Baden-Württemberg besitzt eine hohe Verantwortung für die Erhaltung isolierter Vorposten von R. arvalis in Südwestdeutschland.

Bestimmung: Der Moorfrosch wird häufig mit Grasfrosch (Rana temporaria) verwechselt. Grasfrösche können zur Paarungszeit ebenfalls leicht bläulich gefärbt sein. Der Moorfrosch ist jedoch meist kleiner, verfügt häufig über einen hellen Rückenstreifen und eine spitzer zulaufende Schnauze. Der Grasfrosch ist dagegen in seiner Färbung und Zeichnung sehr variabel, wirkt aber häufig plump mit abgerundeter Schnauze und einem Trommelfell, das deutlich kleiner als das Auge ist. Jungtiere der drei Braunfroscharten sind häufig nicht eindeutig zu identifizieren. Auch der Laich der drei Arten kann leicht verwechselt werden: Charakteristisch für den Grasfrosch ist die Anlage größerer, aufschwimmender Laichteppiche, während Moor- und Springfrosch vermehrt einzelne und kleinere Ballen ablegen. Die Laichballengröße hängt allerdings allein von der Größe der Weibchen ab. Larven des Gras- und Moorfroschs sind schwer voneinander zu unterscheiden. Larven des Springfroschs zeichnen sich dagegen durch eine charakteristische Kante im oberen Flossensaum aus, die bei Seitenansicht der Kaulquappen auffällt.

Eignung als Indikatorart: Rana arvalis ist ein sehr guter Indikator für großflächige (Nieder-)Moorkomplexe mit hohem Grundwasserstand.

Quellen für diese Seite:

Kühnel, K.-D.; Geiger, A.; Laufer, H.; Podloucky, R. & M. Schlüpmann (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Lurche (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia) Deutschlands [Stand Dezember 2008]. In: Haupt, H.; Ludwig, G.; Gruttke, H.; Binot-Hafke, M.; Otto, C. & A. Pauly (Red.) (2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere. Bundesamt für Naturschutz: Naturschutz und biologische Vielfalt 70 (1).

Laufer, H. & A. Pieh (2007): Moorfrosch - Rana arvalis (Nilsson, 1842). In: Laufer, H.; Fritz, K. & P. Sowig (Hrsg.): Die Reptilien und Amphibien Baden-Württembergs. Ulmer Verlag (Stuttgart), 397-414.

Laufer, H. & M. Waitzmann (2020): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs. 4. Fassung. Stand 31.12.2020. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 16.

 

Moorfrosch (Rana arvalis) aus Oberschwaben (Bad Wurzach), Juni 2013.

 

Weiterer, eher dunkel gefärbter Moorfrosch aus Oberschwaben (Bad Wurzach), Juni 2013.

 

Frischer Laichballen des Moorfroschs aus dem württembergischen Allgäu (Isny), April 2020.

 

Laichgewässer des Moorfroschs mit abgelegtem Laichballen im Vordergrund im württembergischen Alläu (Isny), April 2020.

 

Weiteres Laichgewässer des Moorfroschs im württembergischen Allgäu (Isny).

 

Reproduktionsgewässer des Moorfroschs in Oberschwaben (Blitzenreute); bultreiche Verlandungsbereiche eines Weihers.

 

Landlebensraum von R. arvalis in Oberschwaben (Bad Wurzach), feuchter und lichter Moorwald.

 

Schematische Verbreitung von R. arvalis in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

 

Salamandra atra, Salamandra salamandra, Ichthyosaura alpestris, Triturus cristatus, Lissotriton helveticus, Lissotriton vulgaris, Alytes obstetricans, Bombina variegata, Bufo bufo, Epidalea calamita, Bufotes viridis, Pelobates fuscus, Hyla arborea, Rana temporaria, Rana dalmatina, Rana arvalis, Pelophylax esculentus, Pelophylax lessonae, Pelophylax ridibundus                                                     

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