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Zygoptera (Kleinlibellen)

Die in Baden-Württemberg heimische Kleinlibellen-Fauna ist mit 26 Arten zahlreich vertreten. Neben einigen häufigen Arten finden sich unter den Kleinlibellen zahlreiche seltene oder stark gefährdete Arten, die hohe Ansprüche an ihren Lebensraum stellen.

An den meisten Gewässern nachweisbar sind die sehr häufigen Arten Gewöhnliche Binsenjungfer (Lestes sponsa), Weidenjungfer (Chalcolestes viridis), Federlibelle (Platycnemis pennipes), Gewöhnliche Azurjungfer (Coenagrion puella), Becherjungfer (Enallagma cyathigerum), Große Pechlibelle (Ischnura elegans) und Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula). Sie gehören damit zum Standardarteninventar der baden-württembergischen Kleinlibellen-Fauna. An Fließgewässern finden sich zudem regelmäßig die beiden Prachtlibellenarten Calopteryx splendens und Calopteryx virgo. Weitere Kleinlibellenarten wie Gewöhnliche Winterlibelle (Sympecma fusca), Pokaljungfer (Erythromma lindenii), Großes Granatauge (Erythromma najas) und Kleines Granatauge (Erythromma viridulum) stellen bereits höhere Ansprüche an ihre Reproduktionsgewässer. Sie sollten gut besonnt, vegetations- und strukturreich sein. Ebenfalls auf gute Besonnung, Sauberkeit und hohe Sauerstoffgehalte sind die Arten kleinerer Fließgewässer wie Quellbäche oder Gräben angewiesen. Zu diesen Arten sind Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) und Vogel-Azurjungfer (Coenagrion ornatum) zu rechnen. Oligo- bis mesotrophe (Moor-)Gewässer stellen ebenfalls einen Hauptlebensraum zahlreicher einheimischer Kleinlibellen-Arten dar, darunter Kleine Binsenjungfer (Lestes virens vestalis), Sibirische Winterlibelle (Sympecma paedisca), Zarte Rubinjungfer (Ceriagrion tenellum), Speer-Azurjungfer (Coenagrion hastulatum), Mond-Azurjungfer (Coenagrion lunulatum), Fledermaus-Azurjungfer (Coenagrion pulchellum) und Zwerglibelle (Nehalennia speciosa). An sommerwarmen, regelmäßig austrocknenden Gewässern der offenen Landschaft sind mit Südlicher Binsenjungfer (Lestes barbarus), Glänzender Binsenjungfer (Lestes dryas) und Kleiner Pechlibelle (Ischnura pumilio) weitere gefährdete Habitatspezialisten zu finden. Mit der Gabel-Azurjungfer (Coenagrion scitulum) wurde erst vor kurzem eine Art wieder in Baden-Württemberg nachgewiesen, nachdem sie jahrzehntelang als verschollen galt.

Rote Liste der Kleinlibellen in Baden-Württemberg (Stand 2005 nach Hunger & Schiel (2006)):

Wissenschaftlicher Name Deutscher Name RL BW OR SW NT SA OS RL BW 1999 ZAK RL D 2015* FFH-Richtlinie
Calopteryx splendens Gebänderte Prachtlibelle * * * * G * * - * -
Calopteryx virgo Blauflügelige Prachtlibelle * * * * * * 3 N * -
Lestes barbarus Südliche Binsenjungfer 2 2 *R 2 2 2 1 LB * -
Lestes dryas Glänzende Binsenjungfer 2 G 1 2 1 1 2 LB 3 -
Lestes sponsa Gewöhnliche Binsenjungfer * 3 * * * * * - * -
Lestes virens Kleine Binsenjungfer 2 1 1 2 2 2 1 LA * -
Chalcolestes viridis Weidenjungfer * * * * * * * - * -
Sympecma fusca Gewöhnliche Winterlibelle * * *R * * * 2 - * -
Sympecma paedisca Sibirische Winterlibelle 2 - - - - 2 1 LA 1 IV
Platycnemis pennipes Federlibelle * * * * *R * * - * -
Ceriagrion tenellum Zarte Rubinjungfer 1 - - - - 1 1 LA V -
Coenagrium hastulatum Speer-Azurjungfer 1 - 1 1 1 1 1 LA 2 -
Coenagrion lunulatum Mond-Azurjungfer 1 - - - - 1 1 LA 1 -
Coenagrion mercuriale Helm-Azurjungfer 3 3 2 1 - 1 2! LB 2 II
Coenagrion ornatum Vogel-Azurjungfer 1 0 - 1R - 0 1 LA 1 II
Coenagrion puella Gewöhnliche Azurjungfer * * * * * * * - * -
Coenagrion pulchellum Fledermaus-Azurjungfer 3 2 D 1 1 3 2 N * -
Coenagrion scitulum Gabel-Azurjungfer n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. () - R -
Enallagma cyathigerum Becherjungfer * * * * * * * - * -
Erythromma lindenii Pokaljungfer * * * * * * *! - * -
Erythromma najas Großes Granatauge V V *R 3 2 V 2 N * -
Erythromma viridulum Kleines Granatauge * * *R * G * 3! N * -
Ischnura elegans Große Pechlibelle * * * * * * * - * -
Ischnura pumilio Kleine Pechlibelle 3 3 3 3 3 3 2 N V -
Nehalennia speciosa Zwerglibelle 1 - - - - 1 1 LA 1 -
Pyrrhosoma nymphula Frühe Adonislibelle * * * * * * * - * -

Zeichenerklärung: OR = Oberrheinebene, SW = Schwarzwald, NT = Neckar-Tauberland, SA = Schwäbische Alb, OS = Oberschwaben

Gefährdung: 0 = ausgestorben, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Vorwarnliste, * = ungefährdet, D = Kenntnislücke, G = Gefährdung anzunehmen, R = nur randlich einstrahlend, - = nicht vorkommend, ( ) = keine sicheren, bodenständigen Vorkommen, ! = besondere Verantwortung, n.b. = nicht bewertet. ZAK (Zielartenkonzept nach Buchweitz 2006): N = Naturraumart, LB = Landesart Gruppe B, LA = Landesart Gruppe, - = nicht gelistet. FFH-Richtlinie (nach LUBW 2008): Anhänge II und IV.

* Ott, J.; Conze, K.-J.; Günther, A.; Lohr, M.; Mauersberger, R.; Roland, H.-J. & F. Suhling (2015): Rote Liste und Gesamtartenliste der Libellen Deutschlands mit Analyse der Verantwortlichkeit, dritte Fassung, Stand Anfang 2012 (Odonata). - Libellula Supplement 14, 395-422.

 

Die Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens) ist eine Charakterart sauberer, nährstoffreicher Bäche.

 

Die Blauflügelige Prachtlibelle (Calopteryx virgo) kommt im selben Lebensraum vor wie die Gebänderte Prachtlibelle.

 

Die Südliche Binsenjungfer (Lestes barbarus) galt lange Zeit nur als ein gelegentlicher Vermehrungsgast in Mitteleuropa, ist hier aber wahrscheinlich schon lange Zeit bodenständig.

 

Die Glänzende Binsenjungfer (Lestes dryas) ist in Baden-Württemberg rückläufig und gilt als stark gefährdet.

 

Die Gemeine Binsenjungfer (Lestes sponsa) ist eine der häufigsten einheimischen Binsenjungfern, die vor allem an vegetationsreichen Stillgewässern vorkommt.

 

Die Kleine Binsenjungfer (Lestes virens vestalis), hier das Männchen, ist in Baden-Württemberg stark gefährdet und meist an ephemeren, anmoorigen Kleingewässern anzutreffen.

 

Die Weidenjungfer (Chalcolestes viridis) ist an baumbestandenen Gewässerufern regelmäßig anzutreffen, hier im Paarungsrad.

 

Die Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca) ist auch im Winter als Imago nachweisbar. Lange Zeit galt die Art als selten, vermehrte Nachsuche erbrachte dann zahlreiche Neunachweise.

 

Die stark gefährdete Sibirische Winterlibelle (Sympecma paedisca) unterscheidet sich von der Gemeinen Winterlibelle (Sympecma fusca) vor allem durch die Thorax-Zeichnung.

 

Die Federlibelle (Platycnemis pennipes) hat stark behaarte Beine, die sie sofort identifizieren. Die Art wird häufig abseits der Gewässer auf Feuchtwiesen oder Hochstaudenfluren angetroffen.

 

Die Zarte Rubinjungfer (Ceriagrion tenellum) kommt in Baden-Württemberg nur am Bodensee und im Oberschwäbischen Hügelland vor.

 

Die Speer-Azurjungfer (Coenagrion hastulatum) ist eine anspruchsvolle Art dystropher Moorgewässer und in Baden-Württemberg von Aussterben bedroht.

 

Die Mond-Azurjungfer (Coenagrion lunulatum) ist in Baden-Württemberg aktuell nur noch von einem einzigen Gewässer nachgewiesen und gilt daher als vom Aussterben bedroht.

 

Die Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) ist eine äußerst anspruchsvolle, durch die FFH-Richtlinie geschützte Art sauberer und gut besonnter, kleinerer Fließgewässer.

 

Eine der häufigsten Libellen ist die Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella), hier im Paarungsrad.

 

Die Fledermaus-Azurjungfer (Coenagrion pulchellum) ist in Oberschwaben noch weit verbreitet, regional aber bereits stark rückläufig.

 

Die Becherjungfer (Enallagma cyathigerum) ist eine unserer häufigsten einheimischen Libellenarten.

 

Vor allem in Oberschwaben und in der Oberrheinebene ist das Große Granatauge (Erythromma najas) noch recht weit verbreitet.

 

Das Kleine Granatauge (Erythromma viridulum) ist bevorzugt an gut besonnten, mit reichlich Schwimm- und Tauchblattvegetation bestandenen Gewässern anzutreffen.

 

Die Große Pechlibelle (Ischnura elegans) ist in Baden-Württemberg sehr häufig und stellt keine großen Ansprüche an ihren Lebensraum.

 

Die Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio) ist eine Pionierart temporärer, gut besonnter Gewässer und deshalb in Baden-Württemberg gefährdet.

 

Die Zwerglibelle (Nehalennia speciosa) gehört zu den größten Raritäten der baden-württembergischen Libellenfauna.

 

Die Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) gehört in Baden-Württemberg zu den weit verbreiteten und häufigen Arten.

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