Hipparchia fagi (Großer Waldportier) (Scopoli, 1763)

Verbreitung in Deutschland: Hipparchia fagi ist ausschließlich im Süden Deutschlands verbreitet. Aktuell existieren noch Vorkommen im Saarland und in Baden-Württemberg. Die Art ist in Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz (Moseltal), Nordrhein-Westfalen und Bayern bereits ausgestorben. In den beiden aktuell besiedelten Bundesländern ist der Große Waldportier überall vom Aussterben bedroht (Settele et al. 2005). Im Saarland gibt es nur wenige Einzelfunde entlang der Mosel an der Grenze zu Frankreich (Reinhardt et al. 2020). Bundesweit gilt die Art als stark gefährdet (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Aktuell ist H. fagi ausschließlich am Kaiserstuhl noch verbreitet. Ehemals existierten auch Vorkommen in größeren parkähnlichen Wäldern (Hudewäldern), die häufig der königlichen Jagd dienten, so etwa im Wildpark bei Stuttgart (Ebert & Rennwald 1991b). Weitere, meist sehr alte Nachweise stammen vom nördlichen Oberrhein, aus den Oberen Gäuen und aus der Bodenseeregion.

Habitatansprüche: Besiedelt werden xerotherme, strukturreiche Waldränder, extensiv bewirtschaftete Weinberge und mit Büschen und Hecken bestandene, waldnahe Halbtrockenrasen. Die Larve frisst an verschiedenen Süßgräsern (Poaceae), wie z. B. Aufrechter Trespe (Bromus erectus) (Ebert & Rennwald 1991b). Bevorzugte Larvalhabitate sind vegetationsarme Böschungen mit in xerothermem Mikroklima wachsenden Büscheln der Aufrechten Trespe (Möllenbeck et al. 2009).

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vom Aussterben bedroht (Ebert et al. 2005). Die letzten Vorkommen am Kaiserstuhl sind durch die fortschreitende Sukzession an Waldrändern und in lichten Waldbereichen vom Aussterben bedroht. Auch eine intensivierte Bewirtschaftung der Weinberge schränkt den Lebensraum der Art weiter ein. Um H. fagi in Baden-Württemberg zu erhalten, müssen Waldränder und waldnahe Halbtrockenrasen strukturreich erhalten werden und in den Wäldern eine Lichtheit fördernde Mittel- und Niederwaldwirtschaft umgesetzt werden. Die Rebböschungen, die häufig die Larvalhabitate darstellen, müssen regelmäßig von zu dichter Vegetation und Sukzessionsgehölzen befreit werden, um die benötigten mikroklimatischen Bedingungen zu schaffen. Dies kann beispielsweise mit abschnittsweisem Abflämmen der Böschungen bewerkstelligt werden, welches eine traditionelle Bewirtschaftungsweise für diese Strukturelemente darstellt (Möllenbeck et al. 2009). Die besten Vorkommen der Art in Deutschland existieren noch in Baden-Württemberg, weshalb das Land eine besondere Schutzverantwortung für den Großen Waldportier hat.

Eignung als Indikatorart: H. fagi ist ein guter Indikator für strukturreiche, xerotherme Waldsäume und lichte Waldbereiche.

Bestimmung: In Baden-Württemberg ist der Große Waldportier aufgrund seiner Größe und seiner Färbung unverwechselbar, auch weil die Schwesterart Kleiner Waldportier (Hipparchia hermione) hier fehlt. Die beiden im selben Lebensraum fliegenden Arten Ockerbindiger Samtfalter (Hipparchia semele) und Weißbindiger Waldportier (Brintesia circe) unterscheiden sich von H. fagi durch ihre deutlich geringere Größe (H. semele) bzw. durch die auffällige weiße Binde auf der Hinterflügel-Unterseite (B. circe).

Quellen für diese Seite:

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991b): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2, Tagfalter 2. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 535 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Möllenbeck, V.; Hermann, G. & T. Fartmann (2009): Does prescribed burning mean a threat to the rare satyrine butterfly Hipparchia fagi? Larval-habitat preferences give the answer. - Journal of Insect Conservation 13: 77-87.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Reinhardt R., Harpke A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M. & J. Settele (Hrsg.) (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 428 S.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

 

Großer Waldportier (Hipparchia fagi) in Südfrankreich (Lac de la Ste. Croix), wo die Art noch häufig ist, August 2009.

 

Weiterer Falter in einer Gartenanlage in Südfrankreich (Lac de la Ste. Croix), August 2009.

 

Habitat des Großen Waldportiers am Kaiserstuhl (Schelingen), xerotherme Waldsäume mit angrenzenden buschreichen Halbtrockenrasen.

 

Schematische Verbreitung von H. fagi in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen (letztes Nachweisdatum)

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2022

Hipparchia fagi, Hipparchia semele, Brintesia circe, Chazara briseis, Arethusana arethusa, Coenonympha pamphilus, Coenonympha arcania, Coenonympha glycerion, Coenonympha hero, Coenonympha tullia, Aphantopus hyperantus, Maniola jurtina, Pyronia tithonus, Pararge aegeria, Lasiommata megera, Lasiommata maera, Lasiommata petropolitana, Erebia aethiops, Erebia ligea, Erebia medusa, Erebia meolans, Minois dryas, Melanargia galathea, Lopinga achine                                                  

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