Erebia medusa (Rundaugen-Mohrenfalter) (Dennis & Schiffermüller, 1775)

Verbreitung in Deutschland: E. medusa ist in Deutschland weit verbreitet, jedoch vor allem in den nördlichen Bundesländern selten und gefährdet. Keine aktuellen Nachweise existieren mit Ausnahme kleiner Metapopulationen in Sachsen-Anhalt aus der norddeutschen Tiefebene. Auch in Hessen und Nordrhein-Westfalen ist die Art sehr selten. Deutsche Verbreitungsschwerpunkte sind die Mittelgebirgslagen in Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg sowie Rheinland-Pfalz (Reinhardt et al. 2020). Bundesweit steht die Art aktuell auf der Vorwarnliste (Reinhardt & Bolz 2011). Im folgenden soll ein kurzer Überblick über die besiedelten Bundesländer gegeben werden.

Mecklenburg-Vorpommern: Vom Aussterben bedroht. Während die Art Ende der 1950er-Jahre hier noch häufig und überall zu finden war, ist E. medusa im norddeutschen Flachland heute fast völlig verschwunden. Mitte der 1990er-Jahre existierte nur noch eine einzige Population bei Helmstedt (Weidemann 1995).

Niedersachsen: Stark gefährdet. Nur noch einzelne Vorkommen bestehen im Harz, am südlichen Harzrand und im Umfeld des Zusammenflusses von Werra und Fulda. Der nordöstlichste Fundort existierte bei Celle, doch hier ist E. medusa schon seit Jahrzehnten ausgestorben. Gleichfalls gibt es keine aktuellen Nachweise mehr aus dem Umfeld von Osnabrück, Hannover und Braunschweig (CDL Niedersachsen 2009).

Sachsen-Anhalt: Gefährdet.

Brandenburg: Ausgestorben. Ehemals aus dem Fläming bekannt (Weidemann 1995).

Sachsen: Stark gefährdet. In den 1960er- und 1970er-Jahren aus Westsachsen verschwunden. Auch aus anderen tieferen Lagen liegen fast ausschließlich alte Nachweise vor (z.B. Mittelsachsen, Dresdner Region, östliches Südwestsachsen). Eine Verbreitungslücke besteht außerdem in den Kammlagen des Erzgebirges (Klausnitzer & Reinhardt 2006, Reinhardt et al. 2007). Trotz dieser Verbreitungslücke hat E. medusa ihr Areal im Gebirge erweitert, ihre Habitate in den unteren Gebirgslagen jedoch eingebüßt. Die niedrigsten Fundorte liegen aktuell bei 500-600 m NN (Dietrich 2004, Reinhardt et al. 2007).

Thüringen: Ungefährdet. In Nordwest-, Mittel- und Südthüringen noch weit verbreitet, z.B. in der Rhön, im Grabfeld, Hainich, Eichfeld und im Vorland des Thüringer Waldes. Besiedelt bevorzugt die colline bis montane Stufe, im Thüringer Becken fehlend (Thust et al. 2006).

Hessen: Stark gefährdet. In den 1950er-Jahren weit verbreitet, heute nur noch im Vogelsberg und im hohen Westerwald verbreitet (Klamis 2009). Im Grenzgebiet zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen tritt E. medusa noch in den Magerrasen der Medebacher Bucht auf (Wierzchowski 2004).

Nordrhein-Westfalen: Stark gefährdet. Nur gebietsweise, etwa im Diemeltal noch verbreitet (Fartmann 2004).

Rheinland-Pfalz: Vorwarnliste. Aus Rheinland-Pfalz liegen sehr detaillierte Verbreitungsinformationen vor (Schulte et al. 2007). Demnach war E. medusa niemals in den warmen und tief gelegenen Regionen des Rheinhessischen Tafel- und Hügellandes sowie des Haardtrandes verbreitet. Erloschen ist die Art dagegen im Vorderpfälzer Tiefland, im Zweibrücker Westrich und im Pfälzerwald. Aktuell kommt E. medusa noch im Nordpfälzer Bergland, im Oberen Nahebergland (Truppenübungsplatz) und in der Kaiserslauterner Senke vor. In der Rheinebene war E. medusa zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch häufig. Auch Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Art noch als recht häufig in der Rheinebene bezeichnet (De Lattin et al. 1957). Zuerst setzte der Rückgang in der Oberrheinebene, dann im Haardtgebirge und darauf im südwestlichen Dahn-Annweilerer Felsenland und zuletzt im Zweibrücker Westrich ein (Schulte et al. 2007).

Saarland: Gefährdet. E. medusa ist im Saarland vor allem im Tiefland rückläufig (Schmitt 2002).

Bayern: Vorwarnliste. Auch in Bayern ist die ehemals häufige Art etwa im östlichen Oberbayern selten geworden. Verbreitet noch im Unterbayerischen Hügelland und im Voralpinen Hügel- und Moorland (Schwibinger, schriftl.).

Verbreitung in Baden-Württemberg: E. medusa war ehemals weit in Baden-Württemberg verbreitet. Größere Verbreitungslücken, die wahrscheinlich bereits historisch Bestand hatten, existierten im Bereich der mittleren Oberrheinebene, im nördlichen und mittleren Schwarzwald sowie in einigen Regionen des Neckarbeckens, Kraichgaus und Baulandes. Die Verbreitung der Art erstreckte sich ausgehend vom Tauberland im Nordosten über die Kocher-Jagst-Region bis zu den Keuperwaldbergen und von dort in das Albvorland und auf die Schwäbische Alb. Von hier aus reichten die Vorkommen über die Fränkische Alb bis weit nach Bayern hinein. Die Populationen im Albvorland hatten Kontakt mit denjenigen in den Oberen Gäuen und im Kraichgau. Ausgehend vom Südteil der Oberen Gäue und der Schwäbischen Alb strahlten die Vorkommen bis in den Südschwarzwald ein. Auch Oberschwaben war bis hin zum Bodenseebecken relativ dicht besiedelt. Die Vorkommen setzten sich im bayerischen Alpenvorland und in Österreich fort. In der Oberrheinebene existierten Vorkommen im Nordteil und vor allem in der südlichen Oberrheinebene mitsamt Kaiserstuhl, wo die Populationen Kontakt zu denjenigen im Elsass und in der Nordschweiz hatten (Lafranchis 2000). Während die etwas dünnere Besiedelung Oberschwabens und des Südteils der Oberen Gäue wahrscheinlich auf Kartierungslücken zurück zu führen ist, war E. medusa im Neckarbecken, im Schurwald und Welzheimer Wald, im Bauland und im Nordteil des Kraichgaus wohl niemals flächendeckend verbreitet.

Die heutige Verbreitung von E. medusa in Baden-Württemberg konzentriert sich auf die Schwäbische Alb. Diese wird in einem durchgehenden Band von der Ostalb bis hin zur West- und Hegaualb besiedelt. Von der Schwäbischen Alb aus erstrecken sich die Vorkommen über den Südteil der Oberen Gäue und über das Baar-Wutach-Gebiet bis in den Südschwarzwald. Weitere kleine Verbreitungszentren bildeten die Metapopulationen der Oberen Gäue (v. a. Heckengäu) sowie die individuenschwachen Vorkommen im Tauberland und im Westallgäuer Hügelland. Die Vorkommen im Heckengäu sind zwischenzeitlich allerdings fast erloschen. Darüber hinaus kommt E. medusa auch aktuell noch in meist isolierten Restpopulationen in der Kocher-Jagst-Region, in den Keuperwaldbergen, im Schurwald und Welzheimer Wald, im Albvorland, im Kraichgau und im nördlichen Oberschwaben vor. Seit etwa einem Jahrzehnt erloschen sind dagegen die ehemaligen Vorkommen am südlichen Oberrhein und am Bodensee. Die dargestellte Karte kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wahrscheinlich existieren sowohl in Oberschwaben als auch in den Keuperwaldbergen, im Südschwarzwald und in der Kocher-Jagst-Region weitere Vorkommen, die im Rahmen der Kartierungen nicht nachgewiesen werden konnten. Lücken in der Verbreitung auf der Schwäbischen Alb sind ebenfalls mit Sicherheit auf Kartierungsdefizite zurück zu führen. Trotzdem erlaubt die Karte eine realistische Bestandseinschätzung von E. medusa in Baden-Württemberg. Die mittlerweile großen Verbreitungslücken etwa in Oberschwaben oder im Albvorland sind keinesfalls auf Kartierungsdefizite zurück zu führen, sondern weisen auf eine rezente Arealregression hin. Dies belegen auch die zahlreichen, erfolglos kontrollierten ehemaligen Fundorte (Schwarze Punkte: Nachweise nach 2000, schwarz gerandete Punkte: Nachweise zwischen 1980 und 2000, weiße Punkte: Nachweise vor 1980).

 

 

Habitatansprüche: E. medusa ist als mesophile Offenlandart zu bezeichnen, die vor allem mageres Grünland besiedelt. Hierunter fallen extensiv bewirtschaftete Trocken- und Feuchtwiesen (Salbei-Glatthaferwiesen, Streuwiesen, Bergmähwiesen), Halbtrockenrasen, Böschungen und Dämme, Bracheflächen und Waldlichtungen. Wichtig sind vor allem geringe Eutrophierung und Streureichtum. Deshalb besiedelt die Art fast ausschließlich Habitate, die zumindest kleinflächig Bracheanteile zu bieten haben. In Oberschwaben kommt E. medusa aktuell nur noch entlang von Bahndämmen oder auf Industriebrachen vor, während extensiv genutzte Feucht- und Streuwiesen nicht besiedelt werden. Auch im Albvorland tritt die Art ausschließlich entlang von Bahndämmen, an Straßenböschungen oder auf brachgefallenen (Streuobst-)Hängen auf. Im Tauberland fand ich E. medusa auf mehrjährig gemähten Magerwiesen im Verbund mit Halbtrockenrasen, xerothermen Säumen und lichten Kiefernwäldern. In weiten Bereichen der Schwäbischen Alb bis zur Baar- und Hegaualb tritt E. medusa auch regelmäßig auf einmal jährlich gemähten, mageren Wiesen auf. Die bessere klimatische Eignung ermöglicht eine Entwicklung in diesen eher suboptimalen, da streuarmen Habitaten. Auf der Schwäbischen Alb ist E. medusa zudem noch aktuell an zahlreichen mageren Wegrändern und Straßenbegleitflächen als Massenart anzutreffen.

In Baden-Württemberg werden Festuca-Arten (Schwingel) als Wirtspflanzen genutzt, meist handelt es sich hierbei um den Schafschwingel (Festuca ovina), aber auch der Rotschwingel (Festuca rubra) kommt in Betracht.

 

Rundaugen-Mohrenfalter (Erebia medusa) auf einer Magerbrache in den Oberen Gäuen (Schafhausen), Mai 2009.

 

Flügelunterseite von E. medusa in den Oberen Gäuen (Friolzheim), Mai 2009.

 

Weiterer E. medusa von einem Magerwiesenkomplex im Albvorland (Breitenholz), Mai 2011.

 

Ei von E. medusa aus den Oberen Gäuen (Herrenberg-Haslach), Mai 2018.

 

Jungraupe von E. medusa aus der Zucht, Juli 2011.

 

Magere, mit einzelnen Büschen durchsetzte Wiesenbrache in den Oberen Gäuen. Hier ist E. medusa noch zahlreich anzutreffen.

 

Typisches von E. medusa genutztes Habitat in den Oberen Gäuen: Extensiv schafbeweidete, leicht verbuschte, nicht zu kurzrasige und streureiche Magerrasen wie hier bei Heimsheim.

 

Bahndamm im Grenzbereich zwischen Oberen Gäuen und Albvorland bei Herrenberg-Haslach, hier fliegt E. medusa noch regelmäßig zusammen mit dem Östlichen Perlmutterfalter (Melitaea britomartis). Der Damm zeichnet sich durch streureiche und magere Hangbereiche aus.

 

Mageres, sonnenexponiertes Grünland auf der Schwäbischen Alb. Direkt in Straßennähe finden sich hier noch höchstens extensiv genutzte, streureiche Wiesenflächen, die von E. medusa besiedelt werden. E. medusa gehört in solchen Habitaten auf der Alb zu den häufigsten Schmetterlingsarten. Derartige Habitate sind in Oberschwaben und im Albvorland fast immer intensiv landwirtschaftlich genutzt und entsprechend eutrophiert.

 

Magerer, schütter bewachsener Hang direkt am Wegesrand auf der Schwäbischen Alb. Auch hier fliegt E. medusa zahlreich. Auf der Schwäbischen Alb sind solche Strukturen regelmäßig anzutreffen, in anderen Naturräumen (Albvorland, Oberschwaben) erscheinen sie nur ganz isoliert.

 

Einschürige Bergwiese auf der Westalb. In den höheren Lagen (Schwäbische Alb, Baaralb, Südschwarzwald) ist E. medusa auch regelmäßig auf diesen mageren Einmähdern anzutreffen.

 

Typisches Habitat auf der Schwäbischen Alb: Verbrachter, aktuell nicht mehr schafbeweideter und deshalb streureicher Halbtrockenrasen mit vereinzelten Schlehen- und Wacholderbüschen. Hier tritt E. medusa meist sehr zahlreich auf.

 

NSG Schopflocher Moor auf der Schwäbischen Alb. In dieser Feuchtbrache, die reichlich mit Festuca cf. ovina bestanden ist, fliegt E. medusa zahlreich zusammen mit B. eunomia.

 

Aufsicht auf die Larvalhabitat-Struktur von E. medusa im Feuchthabitat bei Schopfloch: Streureicher Untergrund und kräftige Festuca-Horste, hier wurden auch mehrfach Eiablagen beobachtet.

 

Weiterer Einblick in das Larvalhabitat von E. medusa im Feuchtlebensraum. Hier ist eine Feuchtbrache im Baar-Wutach-Gebiet Habitat von E. medusa zusammen mit dem Blauschillernden Feuerfalter (Lycaena helle) und dem Großen Wiesenvögelchen (Coenonympha tullia).

 

Ehemaliges Militärgebiet Altspöck in den Keuperwaldbergen bei Schwäbisch Hall zur Flugzeit. In diesen streureichen Offenstellen im Wald konnte E. medusa 2011 noch in großer Anzahl angetroffen werden. Leider stellt dieses Habitat in Zeiten der Hochwaldnutzung eine absolute Seltenheit in unseren Wäldern dar.

 

Relativ unspektakulär sieht auch diese Verkehrsnebenfläche am Rande des Schönbuchs aus. Hier siedelt eines der letzten E. medusa-Vorkommen in diesem Naturraum. Das magere Habitat zeichnet sich durch extremen Streureichtum aus, der wahrscheinlich durch einmal jährliches Mulchen der Fläche zustande kommt. Die Population dieses Habitats könnte noch Kontakt mit den Vorkommen der östlichen Ausläufer der Oberen Gäue haben. Doch wie lange könnte eine solche Population noch bestehen, wäre sie komplett isoliert?

 

Ehemalige, aktuell brachgefallene Streuobstwiese am Südhang bei Holzgerlingen (Albvorland). Hier konnte ich im Mai 2010 ganze zwei Falter nachweisen. Auf der Alb würden in einem derartigen Habitat sicherlich mehrere Dutzend Falter fliegen.

 

Diese ehemalige magere und streureiche Deponie bei Sindelfingen wird von E. medusa aktuell noch genutzt, in einigen Jahren dürfte allerdings auch dieser Lebensraum aufgrund von Verbuschung nicht mehr besiedelbar sein.

 

Eines der letzten verbliebenen Habitate von E. medusa am Schönbuch-Südwesthang. Auch hier fliegt die Art auf brachen, ehemals bewirtschafteten Streuobst- und Salbei-Glatthaferwiesen.

 

Im Übergangsbereich vom Mittleren zum Südwestlichen Albvorland tritt E. medusa, wie hier im NSG Rappenberghalde bei Rottenburg, wieder vermehrt in Erscheinung. Auch in diesem Biotopkomplex aus Salbei-Glatthaferwiesen, Halbtrockenrasen und Brachestrukturen erreicht die Art in den winkligen, kaum mehr genutzten Bereichen ihr Abundanzmaximum.

 

Magere Verkehrsnebenfläche und Bahnböschung (im Hintergrund). Derartige Habitate werden derzeit in Oberschwaben, wie hier bei Kißlegg, fast ausschließlich genutzt.

 

Magere Industriebrache in Oberschwaben bei Pfullendorf. Auf dieser prinzipiell idealen Fläche konnten 2010 nur wenige Falter beobachtet werden.

 

Aufgelassene Kiesgrube im Westallgäuer Hügelland bei Leutkirch: Die gesamte Sohle der Kiesgrube ist mit streureichen Festuca-Fazies überwachsen, hier konnten immerhin noch zehn Falter von E. medusa nachgewiesen werden.

 

Larvalhabitat-Struktur in der Kiesgrube bei Leutkirch. Gut zu erkennen ist die dicke Streuschicht und die Dominanz von Festuca.

 

Bahndamm im Westallgäuer Hügelland bei Gebrazhofen. An diesen eher mesophilen, jedoch streureichen und meist südexponierten Bahndämmen kann E. medusa auch aktuell noch in geringer Individuenzahl angetroffen werden.

 

Hochinteressant ist das Vorkommen von E. medusa auf dieser extensiv genutzten Feuchtwiese im Hegau bei Welschingen (NSG Hauwiesen). Zahlreiche derartige Habitate wurden ehemals in Oberschwaben besiedelt, jedoch alle, mit dieser Ausnahme, waren verwaist. Auf dieser Feuchtwiese konnte noch ein vereinzelter E. medusa nachgewiesen werden. Die relative Isoliertheit des Gebietes und die Vegetationsstruktur sprechen deutlich dafür, dass die Art auf derartigen Wiesen ehemals bodenständig war.

 

Einblick in die Vegetationsstruktur des NSG Hauwiesen: Festuca ist in dieser mageren Wiese gut vertreten. Wie viele andere extensiv genutzte Feucht- und Streuwiesen ist auch diese recht streureich und muss daher für E. medusa als recht geeignet gelten.

 

Flugstelle von E. medusa im Tauberland. Auch hier lebt die Art auf eher verfilzten, streureichen Magerrasen. In diesem recht warmen Naturraum erreicht die Art ebenfalls nur geringe Individuendichten.

 

Streureiche Magerbrache bei Lauda-Königshofen im Tauberland. Nur in diesem Bereich konnten vereinzelte Falter von E. medusa angetroffen werden, im angrenzenden Halbtrockenrasen (Muckenwinkel) fehlte die Art.

 

Larvalhabitat-Struktur bei Lauda-Königshofen. Eindeutig zu erkennen sind wieder die prägenden Elemente Streuschicht und Festuca-Horste.

 

Auf den streureichen und mageren Streuobstwiesen und Halbtrockenrasen der Jagsttal-Hänge fliegt E. medusa noch vereinzelt und individuenarm wie hier bei Mulfingen.

 

Eine magere, streureiche und mit Schlüsselblumen durchsetzte Wiese bei Löffingen im Baar-Wutach-Gebiet: Hier fliegen im Frühjahr neben E. medusa auch der Schlüsselblumen-Würfelfalter (Hamearis lucina) und der Zwergbläuling (Cupido minimus).

 

Ein Paradies für Schmetterlinge, auch für E. medusa, ist der Hohenhewen im Hegau. Auf dieser mageren Hochwiese tritt beispielsweise auch der Westliche Scheckenfalter (Melitaea parthenoides) zahlreich auf.

 

Rückgangsursachen: Die Erkenntnisse aus den Kartierungen der letzten Jahre, ergänzt durch die Ergebnisse experimenteller Larval-Überwinterungsversuche lassen für E. medusa folgenden Schluss zu: Der Rückgang ist auch klimatisch bedingt, jedoch regional auf Verschlechterungen der Habitatbedingungen zurück zu führen.

Oberrheinebene/Kraichgau: Das weitgehende rezente Fehlen der Art in diesen Regionen ist aktuell dadurch begründet, dass hier kaum noch streureiche und magere Brachen in großflächiger Ausprägung zu Verfügung stehen. Dass E. medusa jedoch auf diese angewiesen ist und nicht mehr in den extensiv genutzten Halbtrockenrasen der südlichen Oberrheinebene, des Kaiserstuhls und des Kraichgaus reproduzieren kann, ist auf die Notwendigkeit einer Streuschicht zur Kompensation der schlechten klimatischen Bedingungen zurück zu führen.

Obere Gäue: Die Metapopulationen des Heckengäus im Bereich der nördlichen Oberen Gäue können aktuell noch aufgrund des großen Angebots extensiv beweideter und bereichsweise streureicher Halbtrockenrasen existieren. Die Tendenzen sind jedoch auch in diesem klimatisch eher ungünstigen Raum rückläufig und es ist keineswegs sicher, dass sich die Art hier wird halten können. Im südlichen Teil der Oberen Gäue entsprechen die klimatischen Bedingungen weitaus besser den Ansprüchen von E. medusa. Dort ist die Art noch weit verbreitet und aktuell nicht selten.

Albvorland: In diesem atlantisch geprägten Naturraum kann sich E. medusa aktuell nur noch in streureichen, meist nischenreichen Brachen halten. Auf den mageren Tal- und Waldwiesen (die allerdings mittlerweile selten geworden sind) ist die Art genauso vergeblich zu suchen wie auf den Salbei-Glatthaferwiesen und Halbtrockenrasen des Schönbuch-Südwesthangs. Gerade am Schönbuch-Südwesthang und angrenzenden Gebieten wäre ein großzügiges und eng verknüpftes Habitatangebot vorhanden, um eine weitere Verbreitung der Art annehmen zu können.

Schwäbische Alb: Die Schwäbische Alb liegt aktuell noch im klimatischen Optimum von E. medusa. Außerdem existieren zahlreiche streureiche und magere Brachen und Nischen, die fast ausnahmslos von der Art besiedelt sind. Hier kann E. medusa die Synergieeffekte aus guter klimatischer Eignung und Habitatangebot zum Aufbau starker Metapopulationen nutzen.

Oberschwaben: Aktuelle Vorkommen existieren fast ausschließlich (Ausnahme NSG Hauwiesen im Hegau, s.o.) an streureichen Bahndämmen, Verkehrsnebenflächen und in Kiesgruben. Die ehemals aus dem gesamten Naturraum gemeldeten Vorkommen aus Feuchthabitaten (Niedermoore und Streuwiesen) sind heutzutage fast alle erloschen. Dies trifft außerdem auf die ehemals besiedelten Magerwiesen und Halbtrockenrasen des Bodenseegebiets zu, auch hier ist E. medusa mittlerweile komplett verschwunden. Wahrscheinlich bieten die im Vergleich zu den Brachen streuärmeren Feucht- und Trockenwiesen zu wenig Puffer, um eine erfolgreiche Überwinterung der Larvalstadien zu garantieren. Die Streuschicht bietet außerdem auch während des Sommers einen wichtigen Schutz für die austrocknungsempfindlichen Larven.

Tauberland und Jagsttal: Vereinzelte, individuenarme Populationen existieren meist auf streureichen Brachen und Halbtrockenrasen der Talhänge. Aufgrund des guten Habitatangebots und des geringen Isolationsgrades der Habitate in diesen Naturräumen wären bei guter klimatischer Eignung eine weitere Verbreitung und individuenreiche Populationen zu erwarten. Deshalb scheint auch hier die klimatische Entwicklung entscheidend zum Rückgang der Art beizutragen. Wahrscheinlich wird auch E. medusa in dieser Region in absehbarer Zeit verschwinden.

Quellen für diese Seite:

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Hipparchia fagi, Hipparchia semele, Brintesia circe, Chazara briseis, Arethusana arethusa, Coenonympha pamphilus, Coenonympha arcania, Coenonympha glycerion, Coenonympha hero, Coenonympha tullia, Aphantopus hyperantus, Maniola jurtina, Pyronia tithonus, Pararge aegeria, Lasiommata megera, Lasiommata maera, Lasiommata petropolitana, Erebia aethiops, Erebia ligea, Erebia medusa, Erebia meolans, Minois dryas, Melanargia galathea, Lopinga achine

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