Minois dryas (Blaukernauge) (Scopoli, 1763)

Verbreitung in Deutschland: Minois dryas ist vor allem noch im südlichen Deutschland (Bayern, Baden-Württemberg) anzutreffen. Vom Aussterben bedrohte Restvorkommen existieren außerdem in Thüringen (Kyffhäuser) und Mecklenburg-Vorpommern (Stettin). Bereits ausgestorben ist die Art in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Auch die bayerischen und baden-württembergischen Populationen gelten als stark gefährdet (Settele et al. 2005). Verbreitungsschwerpunkt ist hier das Voralpenland, wobei in Bayern lokale Vorkommen auch noch in anderen Regionen bestehen (z. B. südlicher Steigerwald, Donautal, Lech- und Isartal) (Reinhardt et al. 2020). Bundesweit gilt M. dryas aktuell als stark gefährdet (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Das Blaukernauge kommt in Baden-Württemberg in zwei disjunkten Verbreitungsgebieten vor. Die meisten Populationen existieren in Oberschwaben mit Bodenseebecken. Deutlich weniger Vorkommen sind dagegen aus der südlichen Oberrheinebene mit Kaiserstuhl bekannt (Imbeck-Löffler 2017). Neben diesen beiden Verbreitungsschwerpunkten trat M. dryas früher auch am mittleren und nördlichen Oberrhein und am Spitzberg bei Tübingen (Bockemühl 1966) auf, ist hier allerdings ausgestorben. Alle anderen Angaben aus den übrigen Landesteilen beruhen wohl auf Verwechslungen (Ebert & Rennwald 1991b). In den oberschwäbischen Streuwiesengebieten ist das Blaukernauge nur unregelmäßig und meist in großflächigen Gebieten anzutreffen. Die Art fehlt in den meisten kleineren Streuwiesen und dünnt außerdem in Richtung Südwesten (Bodenseebecken) und Südosten (Raum Isny) deutlich aus. Im nördlichen Oberschwaben dürfte die Art während der vergangenen Jahrzehnte stark zurückgegangen sein und ist wohl nur noch in wenigen Moorgebieten (z. B. Federsee, Osterried) vorhanden.

Habitatansprüche: M. dryas ist ein typischer Verschiedenbiotopbewohner, der einerseits extensiv genutzte Pfeifengraswiesen in den Niedermooren Oberschwabens und andererseits höherwüchsige Halbtrockenrasen (Oberrheinebene, Kaiserstuhl) besiedelt. Daneben kann die Art auch in lichten Wäldern (Nieder- und Mittelwälder) und entlang von strukturreichen Waldsäumen auftreten. Die Raupe frisst an verschiedenen Grasarten, in Feuchthabitaten wohl meist an Pfeifengras (Molinia caerulea), an Trockenstandorten z. B. an Aufrechter Trespe (Bromus erectus) (Ebert & Rennwald 1991b).

Gefährdung/Schutz: RL BW: Stark gefährdet (Ebert et al. 2005). M. dryas ist in Baden-Württemberg stark gefährdet, da extensiv genutzte Grenzertragsstandorte sowohl im trockenen als auch im feuchten Bereich immer seltener werden und durch Sukzession oder Intensivierung verloren gehen. Um diese Art für Baden-Württemberg und für Deutschland erhalten zu können, müssen derartige Standorte weiterhin extensiv genutzt werden. Auf diese Weise können die Vorkommen des Blaukernauges zumindest in den großen Schutzgebieten (Kaiserstuhl, Federsee, Wurzacher Ried) erhalten werden. Eine traditionelle Waldnutzung in Form einer Nieder- und Mittelwaldpflege käme auch dieser Art zugute. In vielen kleinflächigen Habitaten ist M. dryas bereits ausgestorben. Wahrscheinlich benötigt diese Art großflächige Habitatkomplexe, um dauerhaft überleben zu können.

Eignung als Indikatorart: M. dryas ist ein sehr guter Indikator für extensiv genutzte, längergrasige Magerrasen, für Pfeifengraswiesen und lichte Waldsysteme (Nieder- und Mittelwälder).

Bestimmung: Aufgrund seiner Größe und der charakteristisch blau gekernten Augenflecken ist die Art in Mitteleuropa unverwechselbar.

Quellen für diese Seite:

Bockemühl, J. (Hrsg.) (1966): Der Spitzberg bei Tübingen. Landesstelle f. Naturschutz u. Landschaftspflege Baden-Württemberg, 1141 S.

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991b): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2, Tagfalter 2. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 535 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Imbeck-Löffler, P. (2017): Tagfalter und Widderchen der Region Basel. - Reihe "Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel-Landschaft", Band 101, Verlag des Kantons Basel-Landschaft, Liestal, 592 S.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Reinhardt R., Harpke A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M. & J. Settele (Hrsg.) (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 428 S.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

 

Blaukernauge (Minois dryas) auf einer extensiv genutzten Streuwiese im Bodenseebecken (Laimnau), Juli 2010.

 

Weiterer M. dryas aus Oberschwaben (Bad Wurzach), Juli 2011.

 

Weiteres Blaukernauge auf einer extensiv genutzten Streuwiese in Oberschwaben (Laimnau), Juli 2011.

 

Paarung von M. dryas in Oberschwaben (NSG Federseeried), Juli 2009.

 

Weitere Kopula von M. dryas in Oberschwaben (Waldburg), Juli 2014.

 

Selten zeigt M. dryas die dunkle Flügeloberseite wie hier in der Oberrheinebene (Hardtheim), Juli 2011.

 

Extensiv genutzte Streuwiese in Oberschwaben (Laimnau), hier fliegt M. dryas noch häufig.

 

Weiteres Feuchthabitat des Blaukernauges in Oberschwaben (Bad Wurzach), eine extensiv genutzte Streuwiese.

 

Blütenreicher, breiter und lichter Waldweg am südlichen Oberrhein (Zienken), hier fliegt auch M. dryas.

 

Schematische Verbreitung von M. dryas in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen (letztes Nachweisdatum)

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2022

Hipparchia fagi, Hipparchia semele, Brintesia circe, Chazara briseis, Arethusana arethusa, Coenonympha pamphilus, Coenonympha arcania, Coenonympha glycerion, Coenonympha hero, Coenonympha tullia, Aphantopus hyperantus, Maniola jurtina, Pyronia tithonus, Pararge aegeria, Lasiommata megera, Lasiommata maera, Lasiommata petropolitana, Erebia aethiops, Erebia ligea, Erebia medusa, Erebia meolans, Minois dryas, Melanargia galathea, Lopinga achine                                                     

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