Mantis religiosa (Europäische Gottesanbeterin) (Linnaeus, 1758)

Verbreitung in Deutschland: Die ursprünglich aus Afrika stammende Mantis religiosa hat sich im Laufe der vergangenen Jahrhunderte über das Mittelmeergebiet bis nach Mitteleuropa ausgebreitet. Dieser Ausbreitungstrend hält auch in heutiger Zeit noch an (Ehrmann 2011). Ehemals war die Gottesanbeterin vor allem in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verbreitet und galt in Hessen als verschollen (Maas et al. 2002). Bereits seit langer Zeit dauerhaft bodenständige Vorkommen existieren auch im Saarland (Ehrmann 2011). Aus Nordost-Deutschland (Berlin, Sachsen) liegen mehrere Nachweise aus neuerer Zeit vor, die möglicherweise ebenfalls autochthonen Ursprungs sind (Ehrmann 2003). Aus allen anderen Bundesländern liegen aktuelle Funde vor, die jedoch häufig auf Aussetzungen oder Verschleppungen beruhen und deren Populationen sich in vielen Fällen nicht dauerhaft halten können (Ehrmann 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Die Gottesanbeterin ist wahrscheinlich über die Burgundische Pforte in die Oberrheinebene eingewandert. Zuerst war sie von der südlichen Oberrheinebene (z. B. Grißheimer Trockenaue, Kaiserstuhl) ausgehend in Richtung der nördlichen Oberrheinebene und in den Kraichgau expandierend (Ehrmann 2011). Mittlerweile hat die Art zahlreiche Naturräume Baden-Württembergs besiedelt und ist auch im Neckarbecken, im Tauberland und im Albvorland (z. B. Spitzberg, Schönbuch-Südwesthang) anzutreffen. Aus weiteren Regionen (z. B. Keuperwaldberge, Obere Gäue, Bodenseebecken) liegen Einzelnachweise aus neuerer Zeit vor, sodass eine dauerhafte Besiedlung dieser Räume zu erwarten ist (Stenger 2021). Sogar in den Hochlagen des Nordschwarzwalds konnte die Art auf den Grinden mehrfach nachgewiesen werden (Kimmich et al. 2021). Eine aktuell gehaltene Verbreitungskarte für Baden-Württemberg findet sich hier: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/meldeplattformen/europaeische-gottesanbeterin/uebersichtskarte.

Habitatansprüche: In Südeuropa gilt M. religiosa als euryök und ist nicht an bestimmte Habitattypen gebunden. In Mitteleuropa dagegen verhält sich die Art thermophil und ist auf Xerothermstandorte wie Halbtrockenrasen, südexponierte Böschungen oder Ödländer beschränkt. M. religiosa besiedelt bevorzugt Brachestadien und eher langgrasige Bereiche, wo sie gut getarnt auf Beute lauert (Detzel 1998, Maas et al. 2002).

Gefährdung/Schutz:  Ungefährdet (Detzel et al. 2022). M. religiosa war in Baden-Württemberg aufgrund der Intensivierung des Weinbaus (z. B. Kaiserstuhl durch Rebumlegungen oder Insektizide) und des Verlusts von Halbtrockenrasen durch Nutzungsintensivierung oder Brachfallen mit anschließender Sukzession gefährdet (Detzel 1998). Die Klimaerwärmung führt jedoch zu besser geeigneten Lebensbedingungen für die Art in Mitteleuropa, sodass die Gottesanbeterin aufgrund der aktuellen Ausbreitungstendenzen als ungefährdet gelten kann.

Eignung als Indikatorart: M. religiosa kann in Mitteleuropa als guter Indikator für wärmegeprägte Regionen gelten. Da die Art eher brache oder sehr extensiv genutzte Habitate bevorzugt, eignet sie sich als Indikator für magere Böschungen und Halbtrockenrasen.

Bestimmung: Als einzige einheimische Fangschreckenart ist die Gottesanbeterin nicht zu verwechseln, die auffälligen Fangarme sind in allen Entwicklungsstadien vorhanden.

Quellen für diese Seite:

Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden-Württembergs. Eugen Ulmer (Stuttgart), 580 S.

Detzel, P.; Neugebauer, H.; Niehues, M. & P. Zimmermann (2022): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Heuschrecken und Fangschrecken Baden-Württembergs. Stand 31.12.2019. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 15, 179 S.

Ehrmann, R. (2003): Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa), Neufunde aus Deutschland. - Articulata 18 (2): 253-254.

Ehrmann, R. (2011): Mantis religiosa religiosa Linné, 1758 in Deutschland und angrenzenden Ländern (Insecta: Mantodea). - Articulata 26 (2): 135-146.

Kimmich, T.; Anger, F.; Brandt, D.; Zimmermann, P. & J. Buse (2021): Kommentierte Artenliste der Fang- und Heuschrecken im Gebiet des Nationalpark Schwarzwald. - Articulata 36: 43-60.

Maas, S.; Detzel, P. & A. Staudt (2002): Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands - Verbreitungsatlas, Gefährdungseinstufung und Schutzkonzepte. Schriftreihe des Bundesamt für Naturschutz (BfN), Bonn - Bad Godesberg, 401 S.

Stenger, M. (2021): Schrecken ohne Ende im Rheingraben - Zur aktuellen Verbreitung der Europäischen Gottesanbeterin Mantis religiosa religiosa Linneaus, 1758 (Mantodea, Mantidae), in Baden-Württemberg. - Articulata 35: 105-116.

 

Weibchen der Gottesanbeterin (Mantis religiosa) im Kraichgau (NSG Ersinger Springenhalde), September 2010.

 

Männchen von M. religiosa in der Südlichen Oberrheinebene (Grißheimer Trockenaue), August 2010.

 

Ein weiteres Männchen von M. religiosa an einer Böschung im Kaiserstuhl, September 2010.

 

Weiteres Männchen von M. religiosa am Kaiserstuhl (NSG Scheibenbuck), August 2011.

 

Typisches Habitat von M. religiosa im Kaiserstuhl: Exponierte magere, lückige und langgrasige Böschung, September 2010.

 

Weitere Böschung am Kaiserstuhl (Totenkopf), auch hier konnte M. religiosa nachgewiesen werden.

 

Charakteristisches Habitat der Gottesanbeterin am südlichen Oberrhein (NSG Käfigeckengrund), lichte Mittelwälder.

 

NSG Ersinger Springenhalde im Kraichgau, auch hier konnte 2010 ein Weibchen der Gottesanbeterin nachgewiesen werden.

 

Schematische Verbreitung von M. religiosa in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

Mantis religiosa, Polysarcus denticauda, Isophya kraussii, Leptophyes albovittata, Leptophyes punctatissima, Barbitistes serricauda, Phaneroptera falcata, Phaneroptera nana, Meconema meridionale, Meconema thalassinum, Conocephalus fuscus, Conocephalus dorsalis, Ruspolia nitidula, Tettigonia cantans, Tettigonia viridissima, Decticus verrucivorus, Platycleis albopunctata, Tessellana tessellata, Roeseliana roeselii, Bicolorana bicolor, Metrioptera brachyptera, Pholidoptera griseoaptera, Ephippiger ephippiger, Acheta domesticus, Gryllus campestris, Eumodicogryllus bordigalensis, Modicogryllus frontalis, Nemobius sylvestris, Pteronemobius heydenii, Oecanthus pellucens, Myrmecophilus acervorum, Gryllotalpa gryllotalpa, Tetrix ceperoi, Tetrix subulata, Tetrix undulata, Tetrix tenuicornis, Tetrix bipunctata, Podisma pedestris, Miramella alpina, Calliptamus italicus, Oedipoda germanica, Oedipoda caerulescens, Sphingonotus caerulans, Mecostethus parapleurus, Stethophyma grossum, Psophus stridulus, Aiolopus thalassinus, Arcyptera fusca, Chrysochraon dispar, Euthystira brachyptera, Omocestus rufipes, Omocestus viridulus, Omocestus haemorrhoidalis, Stenobothrus lineatus, Stenobothrus nigromaculatus, Stenobothrus stigmaticus, Gomphocerippus rufus, Myrmeleotettix maculatus, Stauroderus scalaris, Chorthippus apricarius, Chorthippus vagans, Chorthippus biguttulus, Chorthippus brunneus, Chorthippus mollis, Chorthippus albomarginatus, Chorthippus dorsatus, Pseudochorthippus montanus, Pseudochorthippus parallelus

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