Sphingonotus caerulans (Blauflügelige Sandschrecke) (Linnaeus, 1767)

Verbreitung in Deutschland: Sphingonotus caerulans ist in Deutschland bis weit in den Nordosten verbreitet. Alleine aus dem Nordwesten liegen überwiegend keine Nachweise vor. Die Art ist vor allem im nördlichen Teil Deutschlands stark rückläufig oder gar schon verschollen (Maas et al. 2002).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Die ehemals wohl über die Burgundische Pforte ins Rheintal eingewanderte S. caerulans besiedelt die komplette Oberrheinebene mit Schwerpunkten in den Hardtebenen, in der Offenburger Rheinebene und in der Markgräfler Rheinebene. In anderen Landesteilen (Albvorland, Bodenseebecken) sind kleine Bestände meist aus Bahnanlagen bekannt, die möglicherweise über Materialtransport verschleppt wurden (Detzel 1998). In den letzten Jahren mehren sich außerdem die Nachweise aus oberschwäbischen Kiesgruben. Hier und in den wärmeren Landesteilen (Kraichgau, Stromberg-Heuchelberg, Neckarbecken) ist mittlerweile an geeigneten Standorten flächendeckend mit dieser Art zu rechnen, beispielsweise ist sie in den Bahngleisanlagen der Stadt Stuttgart weit verbreitet (Detzel 2005).

Habitatansprüche: Die Blauflügelige Sandschrecke ist als Pionierart einzustufen, die sehr vegetationsarme und gleichzeitig sand- oder schotterreiche Habitate besiedelt. Primärhabitate waren beispielsweise unverbaute, dynamische Flussauen (Pfeuffer 2018). Früher besiedelte die Art auch die mittlerweile fast komplett verschwundenen Schotterbänke des Rheins (Detzel 1998). Heutzutage findet sie in Baden-Württemberg Ersatzlebensräume entlang von Bahnanlagen, in Kiesgruben, auf Industriebrachen, auf Binnendünen oder entlang der Rheindämme.

Gefährdung/Schutz: Gefährdet (Detzel et al. 2022). S. caerulans ist in Baden-Württemberg gefährdet, da ihre Primärhabitate (Schotterbänke des Rheins, Binnendünen) in weiten Bereichen bereits verschwunden sind. Viele Ersatzhabitate (Kiesgruben, Bracheflächen) wachsen mit der Zeit zu und sind somit nicht mehr für die Art nutzbar. Allein auf den Bahnanlagen findet die Art aktuell noch relativ ungefährdete Ersatzhabitate, sofern sie nicht umgenutzt und überbaut werden. Eine Schaffung der natürlichen Auedynamik an Rhein und Neckar sowie die Offenhaltung der Binnendünenstandorte wären prioritäre Maßnahmen zum Erhalt dieser und vieler weiterer stark gefährdeter Arten (Tetrix ceperoi, Aiolopus thalassinus, Oedipoda caerulescens, Myrmeleotettix maculatus).

Eignung als Indikatorart: S. caerulans ist ein guter Indikator für vegetationsarme Pionierlebensräume sowie für naturnah erhaltene Flussauen mit Schotterbänken.

Bestimmung: Die Art kann vor allem mit der Blauflügeligen Ödlandschrecke verwechselt werden. Bei dieser ist jedoch der Halsschild hinter dem Kopf nicht eingeschnürt. Außerdem verfügt sie über einen deutlich erhabenen Mittelkiel. Ödlandschrecken geben zwar Laute von sich, der Nachweis durch Sicht ist aber deutlich einfacher.

Quellen für diese Seite:

Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden-Württembergs. Eugen Ulmer (Stuttgart), 580 S.

Detzel, P. (2005): Die Heuschrecken Stuttgarts - Verbreitung, Gefährdung und Schutz. - Schriftenreihe des Amtes für Umweltschutz 3, 110 S.

Detzel, P.; Neugebauer, H.; Niehues, M. & P. Zimmermann (2022): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Heuschrecken und Fangschrecken Baden-Württembergs. Stand 31.12.2019. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 15, 179 S.

Maas, S.; Detzel, P. & A. Staudt (2002): Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands - Verbreitungsatlas, Gefährdungseinstufung und Schutzkonzepte. Schriftreihe des Bundesamt für Naturschutz (BfN), Bonn - Bad Godesberg, 401 S.

Pfeuffer, E. (2018): Die Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) im Unteren Lechtal - einst in der Wildflussaue des Lechs, heute in der Großstadt Augsburg. - Articulata 33: 47-55.

 

Männchen der Blauflügeligen Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) in einem Steinbruch im Albvorland (Rottenburg-Wurmlingen), September 2012.

 

Männchen der Blauflügeligen Sandschrecke am nördlichen Oberrhein (Durmersheim), Oktober 2013.

 

Weibchen von S. caerulans ebenfalls im Steinbruch im Albvorland (Rottenburg-Wurmlingen), September 2012.

 

Weiteres Weibchen der Blauflügeligen Sandschrecke aus Oberschwaben (Hoßkirch), September 2016.

 

Blick auf die lückige Mikrostruktur des Habitats im Albvorland (Rottenburg-Wurmlingen).

 

Überblick über den gut besiedelten Steinbruch im Albvorland (Rottenburg-Wurmlingen).

 

Aufgelassene Kiesgrube am nördlichen Oberrhein (Durmersheim), ebenfalls Habitat der Blauflügeligen Sandschrecke.

 

Schematische Verbreitung von S. caerulans in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

Mantis religiosa, Polysarcus denticauda, Isophya kraussii, Leptophyes albovittata, Leptophyes punctatissima, Barbitistes serricauda, Phaneroptera falcata, Phaneroptera nana, Meconema meridionale, Meconema thalassinum, Conocephalus fuscus, Conocephalus dorsalis, Ruspolia nitidula, Tettigonia cantans, Tettigonia viridissima, Decticus verrucivorus, Platycleis albopunctata, Tessellana tessellata, Roeseliana roeselii, Bicolorana bicolor, Metrioptera brachyptera, Pholidoptera griseoaptera, Ephippiger ephippiger, Acheta domesticus, Gryllus campestris, Eumodicogryllus bordigalensis, Modicogryllus frontalis, Nemobius sylvestris, Pteronemobius heydenii, Oecanthus pellucens, Myrmecophilus acervorum, Gryllotalpa gryllotalpa, Tetrix ceperoi, Tetrix subulata, Tetrix undulata, Tetrix tenuicornis, Tetrix bipunctata, Podisma pedestris, Miramella alpina, Calliptamus italicus, Oedipoda germanica, Oedipoda caerulescens, Sphingonotus caerulans, Mecostethus parapleurus, Stethophyma grossum, Psophus stridulus, Aiolopus thalassinus, Arcyptera fusca, Chrysochraon dispar, Euthystira brachyptera, Omocestus rufipes, Omocestus viridulus, Omocestus haemorrhoidalis, Stenobothrus lineatus, Stenobothrus nigromaculatus, Stenobothrus stigmaticus, Gomphocerippus rufus, Myrmeleotettix maculatus, Stauroderus scalaris, Chorthippus apricarius, Chorthippus vagans, Chorthippus biguttulus, Chorthippus brunneus, Chorthippus mollis, Chorthippus albomarginatus, Chorthippus dorsatus, Pseudochorthippus montanus, Pseudochorthippus parallelus

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